Bundesländer müssen Mangel gemeinsam beheben, statt sich Bewerber abzujagen.

Lange Zeit war Hamburg, was die Versorgung mit Lehrern betrifft, eine Insel der Glückseligen. Während andere Bundesländer bereits über Lehrermangel klagten, konnte sich die Hansestadt noch auf ihrer großen Attraktivität ausruhen – das Problem hatten die anderen. Viele Nachwuchslehrer, die in den umliegenden Bundesländern oder gar weiter weg studiert hatten, drängte es schließlich in die Metropole. Zur hohen Lebensqualität kamen hier eine vergleichsweise gute Bezahlung und viele Beförderungsstellen.

Doch diese Zeiten haben sich geändert. Obwohl Hamburg weiterhin von seiner hohen Anziehungskraft profitieren dürfte, sind nun auch bei uns die Auswirkungen des Lehrermangels zu spüren, der in anderen Bundesländern bereits teilweise dramatische Züge angenommen hat.

In Sachsen sind mittlerweile 45 Prozent der Lehrer sogenannte Quereinsteiger, die zwar ein Fachstudium beispielsweise in Germanistik, Mathematik oder Musik, aber kein Pädagogikstudium absolviert haben und zunächst für den Schuldienst qualifiziert werden müssen – eine Lösung, die höchst kon­trovers diskutiert wird. In Hamburg liegt der Anteil noch bei 3,5 Prozent.

Die Schulbehörde tut gleichwohl gut daran, rechtzeitig vorzubauen und dem sich abzeichnenden Lehrermangel entgegenzuwirken. Schon früh hat sie damit begonnen, pensionierte Lehrer für das schulische Nachhilfeprogramm aus dem Ruhestand zurückzuholen. Jetzt sollen ältere Lehrer, die weiterhin Lust auf den Schuldienst haben, über die bisher strikt gehandhabte Altersgrenze hinaus arbeiten können.

Warum eigentlich nicht? Da die Kollegien bereits deutlich verjüngt wurden, ist das eine Lösung, von der schließlich alle nur profitieren können: die Schulen, weil sie ihre Stellen besetzen können, die Schüler, weil (hoffentlich) weniger Unterricht ausfällt und die älteren Pädagogen, weil sie nicht zwangsweise aufs Altenteil geschickt werden, obwohl sie sich noch fit fürs Unterrichten fühlen.

Es scheint, als habe Schulsenator Ties Rabe (SPD) das Problem früh erkannt und steuere kräftig dagegen. Erst kürzlich kündigte er an, dass die Hansestadt jedes Jahr 135 Referendare zusätzlich ausbilden will.

Aber ob das reicht? Je mehr sich der Lehrermangel in den anderen Bundesländern verschärft, desto stärker wird dies auch Hamburg zu spüren bekommen. Der Bildungsföderalismus in allen Ehren: Aber es kann nicht sein, dass sich die Länder im Wettbewerb – man kann auch sagen: im Kampf – um junge ausgebildete Lehrer gegenseitig überbieten mit besseren Leistungen, einer besseren Bezahlung oder besseren Arbeitsbedingungen, um sich die Bewerber abzujagen. Verlierer wäre dabei der Staat als Ganzes.

Dem Lehrermangel entgegenzuwirken ist eine gemeinsame Aufgabe, die die Länder zusammen anpacken müssen. Auf Initiative Hamburgs hat die Kultusministerkonferenz (KMK) bereits eine Arbeitsgruppe eingesetzt, in der die Länder Informationen darüber austauschen, mit welchen Maßnahmen sie Lehrer gewinnen wollen. Voneinander zu lernen und Erfahrungen auszutauschen ist ein erster Schritt. Allerdings sollten die Länder stärker auf gemeinsame oder zumindest aufein­ander abgestimmte Maßnahmen setzen, anstatt sich gegenseitig die Bewerber streitig zu machen.

Vor allem aber gilt es, mehr junge Leute für den Lehrerberuf zu begeistern. Denn der hat offensichtlich Zukunft.