Airbus will Teil der Fertigung nach China geben. Davon kann Hamburg profitieren.
Gerade erst einmal seit zehn Jahren ist der A380 im Linieneinsatz. Für ein Flugzeugprogramm ein kurzes Leben – und es könnte bald zu Ende sein. Denn in diesen Wochen wird in der Airbus-Zentrale in Toulouse über die Zukunft des größten Passagierflugzeugs der Welt entschieden. So dramatisch steht es um den Jet. Es muss dringend ein Auftrag her, oder der Maschine droht die Einstellung der Produktion.
In dieser schwierigen Situation geht Airbus einen auf den ersten Blick überraschenden Weg, um den Jet zu retten. Wenn die Chinesen den A380 bestellen, sollen sie im Gegenzug ein Teil der Fertigung erhalten. Der Kabineneinbau, die Lackierung und die Auslieferung an chinesische Kunden könnte im Reich der Mitte erfolgen. Es ist der letzte Versuch, das Flugzeug zu retten. Im Klartext: Ohne neue Aufträge ist das Programm ohnehin Geschichte. Und die werden zwar seit Jahren versprochen, zu Abschlüssen kommt es aber nicht. Jüngst ließ Hauptabnehmer Emirates sogar eine sicher geglaubte Bestellung platzen.
Es ist richtig, den Chinesen Arbeitspakete anzubieten
Die Europäer haben zudem einen Vorteil: Sie kennen die Kooperation mit den Chinesen bereits. Seit 2008 erfolgt in Tianjin die Endmontage der erfolgreichen A320-Familie. Vor Kurzem wurde die Zusammenarbeit auf den Langstreckenflieger A330 erweitert. Daher ist es der richtige Weg, den Chinesen Arbeitspakete anzubieten.
Letztlich sichert dieser Schritt auch die Jobs von Hunderten Hamburger Airbus-Beschäftigten, die auf Finkenwerder an dem Großraumjet arbeiten. Laut Konzern garantiert jeder Mitarbeiter in Tianjin die Beschäftigung von drei bis vier Arbeitnehmern hierzulande, weil diese wichtige Vorarbeiten leisten. Denn die eigentliche Endmontage trägt nur rund fünf Prozent zur Wertschöpfung eines Flugzeuges bei.
A380: Diese Fehler hat Airbus gemacht
Trotzdem birgt der Schritt Risiken für die Mitarbeiter. Die Personalkosten in China sind deutlich geringer als in Europa. Ist die A380-Fertigung in China erst einmal aufgebaut, könnte sie schnell erweitert werden – zulasten der Arbeitnehmer an den beiden Hauptstandorten Hamburg und Toulouse. Der interne Wettbewerb dürfte sich verschärfen. Eine weitere Gefahr droht in Sachen Industriespionage. Die Chinesen könnten bei der Produktion abkupfern, befürchten Experten. Als sie ihren Comac-Jet vor Kurzem beim Erstflug der Öffentlichkeit präsentierten, konnten sie die Fachwelt allerdings nicht positiv überraschen.
Airbus muss den Schritt letztlich gehen, weil sich der Konzern in seiner Markteinschätzung schlichtweg vertan hat. Der Luftverkehr verdoppelt sich zwar alle 20 Jahre. Doch er nimmt nicht wie von den Europäern erwartet zwischen den Drehkreuzen zu, sondern zwischen den Flughäfen der zweiten Reihe. Dazu trugen Airbus und Boeing maßgeblich bei, weil sie mit den Großraumjets A350 und der 787 bei den 300 bis 400 Passagiere fassenden Maschinen sehr gute Neuentwicklungen auf den Markt brachten. Die modernen, größtenteils aus dem Zukunftsmaterial Kohlefaser gebauten Jets sind effizienter und lassen den bis zu 853 Personen fassenden A380 im wahrsten Sinne des Wortes alt aussehen.
Die einzige Region, der das egal sein könnte, ist China. Die rund 1,4 Milliarden Einwohner wollen reisen. Es gibt Dutzende Millionenstädte, zwischen denen die Menschen fliegen können. Und die Slots an den Flughäfen werden knapp. China könnte daher langfristig auf den A380 angewiesen sein – nur bestellen müssen sie schnell, sonst ist das Programm Vergangenheit.