Fußballprofis versuchen zunehmend, ihren Wechsel durch einen Streik zu forcieren. Wie handelt ein Club richtig?

Laut Duden ist die Definition des Wortes Vertrag eindeutig: eine rechtsgültige Abmachung zwischen zwei oder mehreren Partnern. Klingt logisch, ist aber im Profifußball nur noch eine nette Theorie für Romantiker. Vielen Spielern ist jedes Mittel recht, um die Bedeutung eines Arbeitspapiers ad absurdum zu führen. Der beliebte Trend: Streik!

Neu ist dieses Phänomen nicht. Schon 1995 versuchte Heiko Herrlich, heute Trainer bei Bayer Leverkusen, als Spieler seinen Wechsel von Mönchengladbach nach Dortmund durchzudrücken: „Bevor ich noch mal die Schuhe für Gladbach schnüre, höre ich lieber mit dem Fußball auf.“ Schlussendlich kam der Transfer für die damalige Rekordablösesumme von umgerechnet 5,5 Millionen Euro doch zustande.

In schlechter Erinnerung ist in Hamburg auch der Fall Hakan Calhanoglu, der sich 2014 wegen angeblicher psychischer Probleme krankschreiben ließ, um dann wenige Tage später quietschfidel in Leverkusen aufzutauchen.

Coutinho und Dembélé machten es Walace vor

Wesentlich präsenter ist der Fall Ousmane Dembélé. Im Sommer 2017 führte der hoch talentierte Franzose die Verantwortlichen von Borussia Dortmund an der Nase herum, weigerte sich, am Training teilzunehmen, um seinen Wechsel nach Barcelona zu forcieren. Mit Erfolg, obwohl sich die Katalanen ihren Neuzugang teuer erkauften: Inklusive Zuzahlungen könnte der BVB 147 Millionen Euro für den Ego-Kicker kassieren.

Auch in dieser Winter-Transferperiode hoffen Spieler, durch Streik die Freigabe zu erpressen. So verlängerte der HSV-Brasilianer Walace eigenmächtig seinen Urlaub, weil er unbedingt aus Hamburg wegwill. Seine „persönlichen Gründe“ untermalte der Olympiasieger von 2016 mit einem Instagram-Bild in einer Strandbar, auf dem er gut gelaunt in die Kamera grinst. Ein Schlag ins Gesicht für den Verein und auch die Fans, die darauf hoffen, dass der Mittelfeldspieler irgendwie mithilft, die Klasse in der Bundesliga zu halten.

Jürgen Klopp droht ebenfalls Opfer eines Streik-Kickers zu werden. Liverpools Mittelfeld-Star Philippe Coutinho schiebt vor, angeschlagen zu sein. Dabei denkt der Brasilianer nur noch an den FC Barcelona.

Vorbei ist die Fußballromantik

Fakt ist: Die Laufzeit, die in den gut dotierten Arbeitspapieren steht, definiert schon lange nicht mehr, wie lange ein Profi das Trikot eines Vereins wirklich trägt. Fest steht nur: Je länger die Verträge datiert sind, desto höher die Ablösesumme im Falle eines Wechsels. Bleibt die Frage: Wie wird man des Problems der streikenden Ich-AGs Herr?

Eigentlich dürfte es nur einen Weg – den der Selbstreinigung – geben. Die Vereine müssten solidarisch Abstand von Spielern nehmen, die solche Sperenzchen probieren – was aber Moral und Anstand voraussetzt. Und beides ist in der Welt des runden Leders nur selten anzutreffen.

Man kann nur hoffen, dass es nicht Schule macht, was der FC Barcelona in der Causa Dembélé praktiziert hat. Bis heute wird in Spanien kolportiert, dass der Spieler nicht allein auf die Idee gekommen war, in den Streik zu treten. Bei derart unmoralischem Verhalten muss man auch die Rolle der Berater mehr denn je hinterfragen. Sollten die Agenten nicht ein Interesse daran haben, dass ihre Klienten auch abseits des Platzes einen guten Ruf haben? Natürlich auch nur Fußballromantik. Heute zählt für Berater häufig nur die Provision.

Walace sorgt für mehrere Zwickmühlen

Was also tun? Die nationalen und internationalen Verbände müssen zur Problemlösung beitragen. Jeder Spieler, der ohne triftigen Grund dem Training fernbleibt, um einen Wechsel zu erzwingen, muss mit einer Transfersperre belegt werden. Sonst ist am Ende ein Verein immer der Dumme. Gibt der abgebende Club dem bockigen Arbeitsverweigerer nach und verkauft ihn zum Dumpingpreis, nur um ihn loszuwerden, gilt er als schwacher Verhandler und als Marionette der Spieler. Bleibt er hart, riskiert er, einen Stinkstiefel im Kader und totes Kapital auf der Tribüne zu haben.

Aber auch der aufnehmende Verein kann zum großen Verlierer werden. Nämlich dann, wenn er einen horrenden Preis für einen charakterschwachen Spieler zahlt, der womöglich beim nächstbesten Angebot den gleichen Zirkus veranstaltet.