Reform der Zulassung zum Medizinstudium ist überfällig

Jedes Jahr im August kommt das große Zittern: Zehntausende Studienbewerber erfahren dann, ob es geklappt hat mit dem ersehnten Studienplatz für Medizin. Die allermeisten werden enttäuscht: Auf einen Studienplatz kommen mehr als vier Bewerber, und nur wer nahezu makellose Noten im Abitur vorweisen kann, hat realistische Chancen, zugelassen zu werden. Die Zahl der Studienplätze für Humanmedizin ist
seit Anfang der 1990er-Jahre etwa gleich geblieben, die Zahl der Bewerber dagegen hat sich vervielfacht. Und was einmal ein sinnvolles Kriterium für die Auswahl von Studierenden war, ist zu einem Nadelöhr geworden, das am Ende nicht unbedingt die qualifiziertesten Mediziner hervorbringt. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, vom Gesetzgeber eine Reform des Auswahlverfahrens zu fordern, ist deshalb richtig – und längst überfällig.

Natürlich sind Schulnoten ein wichtiger Anhaltspunkt dafür, welche Bewerber in der Lage sind, das lange und lernintensive Studium erfolgreich zu bestehen. Der Abiturschnitt sagt etwas aus über Auffassungsgabe, Fleiß und Disziplin. Aber zu einem guten Arzt oder einer guten Ärztin gehört mehr: Medi­ziner brauchen Empathie und die Fähigkeit, sich auf ihre Patienten einzulassen. Ob jemand das mitbringt, lässt sich schwerer prüfen als naturwissenschaftliche Grundlagen. Doch der Mehraufwand lohnt sich. Karlsruhe hat deshalb Bund und Ländern zur Aufgabe gemacht, mindestens ein Auswahlkriterium gesetzlich zu verankern, das nicht auf Noten basiert.

Mit kluger Umsetzung kann dieses Urteil bedeuten, dass die Gruppe der angehenden Mediziner vielfältiger wird und Studierende mehr Erfahrung mitbringen aus verschiedenen Bereichen.

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