Ob der Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz oder G 20 – die Bilder erschüttern die Menschen.

Der Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz jährt sich zum ersten Mal. Viele Menschen blicken erschüttert auf die Brutalität des IS-Terrors, aber auch auf die Fehler der Behörden. Die „Welt am Sonntag“ hat gerade aufgedeckt, wie genau der Attentäter Anis Amri monatelang überwacht wurde – und trotzdem zum Mehrfachmörder werden konnte. Das große Wort vom „Staatsversagen“, wie Horst Seehofer in der Flüchtlingskrise die grenz- und kopflose Politik der Kanzlerin attackiert hatte: Hier ist es angebracht.

Ein halbes Jahr später ließ sich Staatsversagen in Hamburg besichtigen – dieses Mal nicht von Islamisten provoziert, sondern von Autonomen. Beim G-20-Gipfel zogen 220 Autonome vormittags über die Elbchaussee, setzten Autos in Brand und attackierten einen Linienbus. Die Polizei hatte keine Kräfte, um einzugreifen. Wenige Stunden später verwandelte sich das Schanzenviertel in einen rechtsfreien Raum, in dem der Traum der G-20-Gegner nach einer besseren Welt in einem Gewaltrausch, in Plünderungen und Brandstiftungen zerbarst. Weder Polizei noch Feuerwehr gelangten auf das Schulterblatt. Und viele, die sonst der Polizei „Haut ab“ hinterherrufen, spürten am eigenen Leib, welche Folgen das Schwinden des Staates hat: Eine Welt ohne Polizei ist keine herrschaftsfreie Utopie, sondern blanker Horror, weil das Faustrecht zurückkehrt. Die Bilder vom Breitscheidplatz, aber auch aus dem Schanzenviertel haben sich tief in das kollektive Gedächtnis gebrannt und das Sicherheitsgefühl vieler Menschen erschüttert. Deutschland ist immer noch ein funktionierender Rechtsstaat. Nur ein kleines „aber“ wird inzwischen mitgedacht.

Sicherheit ist die fundamentale Voraussetzung für eine freiheitliche Gesellschaft. Und sie ist die fundamentale Erwartung der Bürger an den Staat. Wo dieses Sicherheitsgefühl erschüttert wird oder gar verloren geht, gerät die Freiheit in Gefahr. Am Ende sind es Populisten und Radikale, die von Un­sicherheit am meisten profitieren.

Es wäre fatal, daraus abzuleiten, dass ein starker Staat populistisch oder radikal ist – das Gegenteil ist der Fall. Nur ein starker Staat vermag die Schwachen zu schützen. Und deshalb ist das linke Laisser-faire, das vermeintlich liberale Laufenlassen, in diesen Zeiten die falsche, ja fatale Strategie. Die Antwort auf Landfriedensbruch lautet: „Keine Toleranz.“

In Hamburg haben die Ermittler nun Fotos von mutmaßlichen Gewalttätern ins Netz gestellt. Das ist beispiellos und zweifellos ein tiefer Eingriff in die Rechte der Verdächtigen – aber es ist richtig. Die ungeheuerlichen Krawalle und Gewalt­exzesse waren eben kein jugendlicher Übermut oder ein aus dem Ruder gelaufenes linkes Straßenfest, sondern eine Form extremistischen Terrors. Das kann und darf sich eine Gesellschaft nicht gefallen lassen.

Eine dezidierte Aufarbeitung der Brandnacht von Hamburg ist daher elementar; die Gerichte haben hier schon einiges geleistet. Zugleich muss die Politik ihr Versagen in der Terrorabwehr selbstkritisch überprüfen. Der Staat muss das mühsam verloren gegangene Vertrauen zurückgewinnen.

Er benötigt aber auch die kritische Solidarität seiner Bürger. Wer alle Politiker für Trottel hält, das staatliche Gewaltmonopol infrage stellt, von der Polizei Gewaltlosigkeit verlangt und die Härte des Rechtsstaats mit Radikalismus verwechselt, untergräbt selbst das Vertrauen in unsere Demokratie.