Das Museum braucht tatsächlich einen neuen Namen – und noch vieles mehr.

Weil der Begriff der Völkerkunde längst einen negativen Beigeschmack hat, soll das Hamburger Museum für Völkerkunde einen anderen Namen bekommen. Das ist der Wunsch der neuen Direktorin Barbara Plankensteiner, die auch sonst viel vorhat mit dem etwas abgetakelten Haus an der Rothenbaumchaussee.

Die Umbenennung könnte zwar die schrecklich hohe Summe von 200.000 Euro kosten, verspricht aber einen nicht in Geld messbaren Imagegewinn. Hamburg würde mit dem neuen Namen nicht mehr zu den Verschnarchten gehören, deren Weltsicht im vom Kolonialismus geprägten 19. Jahrhundert stecken geblieben ist. Sondern sein Museum so weltstädtisch umbenennen, wie es dem Selbstverständnis einer Handelsstadt angemessen ist.

Das Museum ist in die Jahre gekommen – auch konzeptionell

Das Geld wäre also gut angelegt. Zumal die neue Direktorin derzeit klugerweise internationale Gäste einlädt, um die Neuausrichtung aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu diskutieren. Die Umbenennung ist andererseits nicht das, was Außenstehende als besonders dringlich wahrnehmen. Zumal wegen der Schuldenbremse bis zum Ende dieses Jahrzehnts in allen Museen Schmalhans Küchenmeister ist und alle sich seit Jahren und immer angestrengter zur Decke strecken müssen, um trotz jährlicher Preissteigerungen und Tariferhöhungen noch mit den Zuwendungen auszukommen.

Das Hamburger Museum für Völkerkunde ist derzeit das Haus, das konzeptionell und baulich am sichtbarsten in die Jahre gekommen ist. Hier fehlt es an allen Ecken und Enden. Es gibt nur wenige attraktive Sonderausstellungen und keinen barrierefreien Zugang. Beim „Markt der Völker“ im November ist jedes Mal ein solches Gedränge an den viel zu engen Jugendstil-Garderoben, dass sich ellenlange Schlangen davor bilden. Das Restaurant ist nicht von außen zugänglich, und es fehlt ein attraktiver Shop.

Der Stillstand im Museum hat sich negativ ausgewirkt

Die Dauerausstellungen brauchen eine Generalüberholung – und zwar nicht nur, indem neue Vitrinen angeschafft werden. Auch inhaltlich fehlt eine umfassende Neukonzipierung der Sammlungspräsentation. Damit zum Beispiel einseitige Betrachtungsweisen durch Multiperspektivität ersetzt werden. Und damit überhaupt mal wieder jemand Neues das Museum besucht. Jemand, der kommt, weil ein Thema mit aktuellem Bezug spannend umgesetzt, präsentiert und wissenschaftlich überzeugend aufgearbeitet wurde.

Auf die Besucherzahlen hat sich der jahrelange Stillstand nicht eben positiv ausgewirkt. Teil des Problems ist, dass der Etat seit 1999 kaum erhöht wurde. Rund vier Millionen Euro erhält das Haus an Zuwendungen, knapp eine geht davon für Miete drauf. Nur mal zum Vergleich: Das Pariser Musée du Quai Branly, das 2006 eröffnet wurde, erhält rund 65 Millionen Euro im Jahr. Soll in unserer Stadt, die sich Weltstadt nennt, also weiterhin alles auf kleinstmöglicher Flamme köcheln, oder wird die Chance erkannt, einer zunehmend heterogenen Gesellschaft mit anderen, klugen Angeboten für Debatten und Diskurse die Stirn zu bieten? Das Haus an der Rothenbaumchaussee hat das Potenzial dazu.

Wissenschaftlich betrachtet, schlummern gerade in diesem, die Weltkulturen umspannenden Museum, Antworten auf Kernfragen der Menschheit. Womöglich auch Antworten auf die drängenden Zukunftsfragen nach dem Endverbrauch der meisten Ressourcen. Gerade deshalb ist dort jetzt ein gelungener Neustart so wichtig. Und ein neuer Name gehört dazu.