Senat zieht Abriss der City-Höfe auf die Schnelle durch und ignoriert eigene Regeln

Der Erste Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg wird von den Ministerpräsidenten der anderen Bundesländer beneidet. Und zwar von allen. Natürlich nicht wegen seiner schönen Titel (wie Senatspräses zum Beispiel) oder der stolzen Tradition, oben am Ende der Treppe auf dem Senatsspiegel warten zu dürfen, bis Gäste – auch Staatsgäste – zu ihm heraufgekommen sind, um sie erst dann zu begrüßen. Nein, worum sie ihn wirklich beneiden, ist der Paragraf eins, Absatz vier im Hamburgischen Verwaltungsbehördengesetz. „Der Senat kann allgemein und im Einzelfall Weisungen erteilen und Angelegenheiten selbst erledigen, auch soweit eine Fachbehörde oder ein Bezirksamt zuständig ist“, steht dort. Verwaltungsexperten nennen das ein Evokationsrecht. Und das gibt es so nur in Hamburg.

Auch der mächtigste Ministerpräsident kann nichts, aber auch gar nichts ausrichten, wenn er in die Zuständigkeit einer Kommune hineinregieren will – schließlich ist die kommunale Selbstverwaltung ein Verfassungsgut. Aber weil Hamburg eben Bundesland und Kommune in einem ist, kann der Senat schalten und walten, wie er will. Ohne sich um bisweilen lästige Bezirkspolitiker kümmern zu müssen. Oder gar die Meinung der Bürger.

Jetzt will der Senat dieses Recht mal wieder ausüben und „evozieren“. Dabei geht es eigentlich nur um eine Bausache: Abriss und Neubau von vier Gebäuden. Aber eben nicht irgendwelcher, sondern der City-Höfe am Hauptbahnhof. Der Disput um das denkmalgeschützte Ensemble beschäftigt die Stadt ja schon seit einigen Jahren. Noch ist dort das Bezirksamt Mitte untergebracht, das im Sommer 2018 an die Caffamacherreihe umziehen wird. Und damit danach unverzüglich abgerissen werden kann, zieht der Senat die Sache an sich. Das darf er. Doch in diesem Fall gilt: leider.

Ganz unabhängig davon, wie man zu den City-Höfen steht, ob man den Abriss befürwortet oder ablehnt: Die rot-grüne Stadtregierung handelt erneut inkonsequent. Man könnte auch sagen: heuchlerisch. Warum? Weil dieses Vorgehen den selbst formulierten Ansprüchen eklatant widerspricht.

Da wäre zum einen die direkte Demokratie. Der Senat, und hier vor allem der grüne Teil davon, betont gern, wie weitreichend die Bürgerbeteiligung und die Mitbestimmungsrechte der Hamburger doch seien. Sie betonen gern, wie wichtig ihnen Elemente wie Bürgerbegehren auf Bezirksebene sind. Dass jetzt „evoziert“ wird, hat aber gerade den Grund, dass auf diese Weise ein Bürgerbegehren verhindert wird.

In der Konsequenz bedeutet das, die Meinung der Bürger nur dann ernst zu nehmen, wenn das Projekt nicht so wichtig ist. Dann aber sollte dieser Teil der Volksgesetzgebung gleich ganz abgeschafft werden – eine Farce nützt niemandem.

Mindestens genauso ärgerlich ist der Umgang des Senats mit dem Denkmalschutz. Die Stadt bekennt sich einerseits zu ihrer so auch im Gesetz formulierten Vorbildfunktion bei Erhalt und Pflege von Denkmälern. Aber andererseits gilt auch hier: Wenn es zu wichtig (oder zu teuer) wird, pfeifen wir drauf. Es wird nicht mehr zu verhindern sein, dass die City-Höfe im kommenden Sommer abgerissen werden. Dass dabei auch der Denkmalschutzgedanke zertrümmert wird, ist dann wohl ein Kollateralschaden.

Auch hier gilt: Man sollte dann schon konsequent sein. Ein Gesetz, das nur dann angewendet wird, wenn es in den Kram passt, ist eine Farce.

Seite 15 Bericht