Mit PEPP gegen die Altersarmut. EU plant grenzüberschreitende Vorsorge-Versicherungen. Doch es gibt Haken ...

Private Altersvorsorge ist wichtig und gut, die Weiterentwicklung des EU-Binnenmarktes ebenso. Da sollte man doch meinen, dass das Vorhaben der EU, einen Binnenmarkt für die private Altersvorsorge zu schaffen, uneingeschränkt Zustimmung verdient. Im Prinzip wäre das auch so. Nur leider ist es nicht zu Ende gedacht.

Der Reihe nach: In vielen Ländern der EU bekommen staatliche Rentenversicherungen, die auf dem Umlageprinzip beruhen, zunehmend Probleme: Bei ihnen finanzieren die heutigen Arbeitnehmer mit ihren Rentenversicherungsbeiträgen die heutigen Rentner und die morgigen Arbeitnehmer die morgigen Rentner, also die heutigen Arbeitnehmer. Wegen der Bevölkerungsentwicklung müssen immer weniger Arbeitnehmer immer mehr Rentner finanzieren. Es droht Altersarmut.

Daher halten Politiker Menschen unermüdlich dazu an, ergänzend private Rentenversicherungen abzuschließen. Der Staat fördert diese private Altersvorsorge erheblich mit Steuervergünstigungen und Zulagen, in Deutschland etwa über die Riester-Rente.

Lüder Gerken ist Vorsitzender der Stiftung Ordnungspolitik und des Centrums für Europäische Politik in Freiburg im Breisgau
Lüder Gerken ist Vorsitzender der Stiftung Ordnungspolitik und des Centrums für Europäische Politik in Freiburg im Breisgau © CEP

Doch was passiert, wenn ein Arbeitnehmer ins EU-Ausland umzieht? Dann hat es sich ausgeriestert. Er darf seinen Riester-Vertrag nicht fortsetzen und kann lediglich in der neuen Heimat einen neuen Vertrag nach dortigem Recht abschließen. Ähnliches gilt in anderen EU-Ländern.

Um dieses Problem zu beseitigen, hat die EU-Kommission jetzt ein Gesetz vorgelegt, das es insbesondere Versicherungsunternehmen ermöglichen soll, „europaweite private Altersvorsorgeprodukte“ anzubieten. Im EU-Jargon heißen diese „PEPP“, vom englischen „Pan-European Pension Product“.

Danach kann jedes Versicherungsunternehmen, das in der EU ansässig ist, PEPPs EU-weit anbieten. Jedes PEPP muss von der europäischen Ver­sicherungsaufsichtsbehörde genehmigt werden. Voraussetzung dafür ist, dass es in alle EU-Mitgliedsländer mitgenommen werden kann. Wenn etwa ein deutscher Arbeitnehmer nach Italien umzieht, kann er in sein PEPP auch in Italien weiter einzahlen. Für die in Deutschland geleisteten Einzahlungen gilt deutsches Recht, für die in Italien geleisteten Einzahlungen italienisches. Aber es bleibt dieselbe Rentenversicherung.

Das klingt zunächst gut. Der Arbeitnehmer muss sich nicht auf die Suche nach einer neuen Rentenversicherung machen. Und die Versicherer verlieren ihre Beitragszahler nicht. Aber ist es auch tatsächlich gut?

Ein Versicherungsunternehmen, das PEPPs anbietet, muss – da in jedem Land anderes Recht gilt – 28 Rechtssysteme beachten und diese ganz genau kennen. Und gerade das Steuerrecht mit seinen vielen verschiedenen Förderungsmöglichkeiten für die Altersvorsorge ist extrem komplex. Da gleichzeitig die Zahl der Arbeitnehmer, die ins Ausland gehen, überschaubar ist, ist es für das einzelne Versicherungsunternehmen nicht sonderlich interessant, überhaupt PEPPs anzubieten.

Und wäre ein PEPP für die Arbeitnehmer wirklich interessant? Das hängt vor allem davon ab, ob die EU-Staaten den PEPPs diejenigen Steuervergünstigungen und sonstigen Förderungen gewähren, die für nationale Versicherungsverträge gelten. Nehmen wir einen Rumänen, der in Rumänien einen Vertrag über ein PEPP geschlossen hat, das dem deutschen Riester-Vertrag halbwegs ähnelt. Dann zieht er nach Deutschland. Wäre Deutschland bereit, ihm für die weiteren Einzahlungen in sein PEPP die Riester-Vergünstigungen zu gewähren? Obwohl das PEPP nur halbwegs einem Riester-Vertrag ähnelt?

Könnte die EU das den Mitgliedstaaten nicht vorschreiben? Nein, denn das Steuerrecht fällt in deren Zuständigkeit. Die EU-Kommission hat immerhin einen zaghaften Versuch unternommen und eine – unverbindliche – „Empfehlung“ an die Staaten gerichtet, ihre Steuersysteme PEPP-freundlich auszurichten, damit PEPPs überhaupt eine Chance haben. Sie „ermutigt“ die EU-Staaten, den PEPPs diejenigen Steuervergünstigungen zu gewähren, die für nationale Versicherungen – etwa Riester-Verträge – gelten, auch wenn sich beide in der Ausgestaltung unterscheiden. Die Rückmeldungen aus den einzelnen Ländern lassen erwarten, dass die Bereitschaft dazu äußerst gering ist. Und darum ist das ganze Vorhaben zum Scheitern verurteilt. Schade, oder?