Ohne eine stabile Koalition ist eine Bundesregierung nicht handlungsfähig

Bei seinem Versuch, die Sozialdemokraten für Gespräche mit der Union zu erwärmen, lässt Martin Schulz nichts unversucht. Es sei „keine Option vom Tisch“, versichert der SPD-Chef seinen Genossen. Man denke auch über Konstellationen nach, die es noch nie gegeben habe. Damit umreißt Schulz alle Varianten zwischen Großer Koalition und einer Neuwahl. Man darf hoffen, dass er das nicht ernsthaft so meint.

Der Autor  ist Politik- Korrespondent
Der Autor ist Politik- Korrespondent © Amin Akhtar

Ein Blick auf das aktuelle politische Geschehen macht deutlich, was von solchen Konstellationen zu erwarten wäre: Lähmung, Misstrauen und Chaos. Die Ergebnisse des Diesel-Gipfels sind ja nicht deshalb so mager, weil der politische Wille fehlt. Vielmehr ist die amtierende Bundesregierung schlicht nicht handlungsfähig. Sie kann nicht mehr Geld spendieren, weil es keine Finanzplanung für die nächsten Jahre gibt. Sie kann keine Verkehrswende einleiten, weil ihr dafür das politische Mandat fehlt. Alles, was Kanzlerin Merkel zusichern kann, ist: Wir beeilen uns, das vorhandene Geld schnell auszugeben.

Die Aufregung um das Unkrautgift Glyphosat zeigt, wie gering die Autorität einer Kanzlerin ist, die nicht alle Fäden in der Hand hat. Von ihrer Richtlinienkompetenz ist Merkel meilenweit entfernt. Das wäre kaum anders, wenn sie in einer Minderheitsregierung immer neu um Zustimmung im Bundestag werben müsste. Die Mäuse würden auf dem Tisch tanzen. Noch ein paar weitere Wochen mit einer geschäftsführenden Bundesregierung und einem frei agierenden Bundestag genügen hoffentlich, um im ganzen Land, aber auch bei der SPD die Sehnsucht nach stabilen Verhältnissen zu wecken. Es ist ein gutes Gefühl, dass die Regierungsbeamten derzeit unverdrossen weiterarbeiten. Besser wäre es, wenn Deutschland nicht nur verwaltet, sondern regiert würde.