Fußfesseln für gefährliche Personen helfen in der Praxis kaum weiter

Er ist einer dieser Männer, die sie im Gefängnis nur widerwillig entlassen: Noch immer impulsiv, triebgesteuert, drogenaffin, eigentlich zu gefährlich für ein Leben in Freiheit. Andreas B. hat eine Zwölfjährige vergewaltigt. Nun ist er wieder frei – und im Prinzip scheint es sinnvoll, ihn mit einer Fußfessel zu überwachen. In der Praxis aber zeigt der Fall, wie illusorisch die Erwartungen an dieses Mittel des Staates sind.

Der Autor ist Redakteur der Lokalredaktion des Abendblatts
Der Autor ist Redakteur der Lokalredaktion des Abendblatts © HA | Klaus Bodig

Denn Andreas B. müsste sich nicht einmal etwas einfallen lassen, um sich der Polizei zu entziehen – er muss nur warten, bis die Batterien seiner Fußfessel leer sind. Seine Bewacher können Bewegungsprofile erstellen, ihm immer wieder klarmachen, dass sie ihn im Blick halten – aber im Zweifel nur hoffen, dass sich Andreas B. möglichst brav verhält. Wenn man davon ausgeht, dass Trieb­täter plötzlich handeln, ist diese „Überwachung light“ ein reines Glücksspiel – und der Frust der Polizisten erahnbar.

Gesetzgeber und Justiz haben die Beamten in diese Lage manövriert. Es waren vollmundige Ankündigungen, mit denen der Einsatz von Fußfesseln ausgeweitet wurde. Doch wie auch die Ausreise eines „Gefährders“ über den Hamburger Flughafen zeigt, ist die Wirkung eingeschränkt. Die Lehre aus den Fällen lautet zu hinterfragen, was vor dem Einsatz der Fußfessel geschehen ist.

Für den Fall von Andreas B. bedeutet das, zwei Fragen zu klären: Warum wurde keine Sicherungsverwahrung veranlasst? Und warum brauchte es erst 69(!) Verstöße gegen die Auflagen, ehe er zwischenzeitlich wieder ins Gefängnis musste? Für den Umgang mit ausländischen „Gefährdern“ bleibt entscheidend, dass der Staat mit aller Macht an einer Abschiebung arbeitet. Wer allein auf die Fußfessel setzt, gibt sich nur der Illusion von Sicherheit hin.