Spätestens auf dem Parteitag im Dezember muss Martin Schulz Antworten geben
Ein Fußballtrainer, der eine Niederlage nach der anderen kassiert, der ist seinen Posten los. Fans und Clubführung fordern dann seine Ablösung. Ein Parteichef, der mit seiner Partei bei Wahlen eine Niederlage nach der anderen kassiert, der – ja, muss der auch gehen? Funktioniert Politik nach denselben einfachen Gesetzen wie Fußball?
Es ist leicht, den Rückzug von Martin Schulz zu fordern. Schlechter als er schnitt kein SPD-Spitzenkandidat bei einer Bundestagswahl ab. Drei Landtagswahlen gingen unter ihm verloren. Schulz betreibt eine ungeschickte Personalpolitik: Den Namen des neuen Generalsekretärs erfuhr die Partei aus der Zeitung. Die Bundesgeschäftsführerin mobbte er raus, weil er hinter ihrem Rücken eine Nachfolgerin suchte.
Trotzdem wäre nichts gewonnen, wenn er jetzt zurücktreten würde. Erstens: Die SPD hat keinen anderen. Es ist erst gut ein halbes Jahr her, dass Schulz mit 100 Prozent der Stimmen zum Vorsitzenden gewählt wurde. Eine Partei, die so einen Vertrauensbeweis zurücknimmt, könnte einpacken. Zweitens: Jeder verdient eine zweite Chance.
Richtig ist, dass er kein unbedarfter Neuling ist, sondern seit fast 20 Jahren im Präsidium der SPD sitzt. Richtig ist auch, dass von ihm bisher keine eigenen Ideen gekommen sind, wie die Partei wieder flottzumachen wäre. Aber: In der Partei hat bisher auch sonst keiner der führenden Genossen eine zündende Idee. Die Strategiepapiere jedenfalls, die jetzt in der SPD von Olaf Scholz oder Ralf Stegner geschrieben werden, enthalten viel Luft und wenig Substanz. Es herrscht erschreckende Leere.
Bisher hat Schulz seine Richtung noch nicht gefunden. Er schlingert zwischen wirtschaftsfreundlichem und kapitalismuskritischem Kurs und scheint allen alles zu versprechen. Spätestens auf dem Parteitag im Dezember in Berlin muss Schulz Antworten geben. Sonst ist bald auch die Nachspielzeit vorbei, und der SPD droht der Abstieg als Volkspartei.