Der Streit um die Einwohnerzahl: Hamburg klagt gegen den Zensus 2011 – das ist richtig, denn es geht um viel Geld
Es ist nicht einfach zu verstehen, dass eine Stadt nicht weiß, wie viele Einwohner sie hat. Wozu gibt es Melderegister? Aber die kommen mit den An- und Abmeldungen nicht hinterher, und dann sind auch etliche Menschen, was sie selbst angeht, in diesen Dingen nachlässig. Es ist wohl so: Wir wissen nicht, wie viele wir wirklich sind.
Dabei macht es schon einen erheblichen Unterschied, ob Hamburg gut 1,7 Millionen Einwohner hat, wie der Zensus 2011 herausgefunden haben will, oder knapp 1,8 Millionen, die es laut aktueller Bevölkerungsfortschreibung sein sollen. Wer auf die Zwei-Millionen-Marke für Hamburg schielt – und das machen nicht wenige –, muss erkennen, dass das Ziel jedenfalls laut Zensus in weitere Ferne gerückt ist.
Das zweite Verständnisproblem ergibt sich daraus, dass der Zensus 2011 mitnichten eine Volkszählung im klassischen Sinne war, also eine Befragung aller Haushalte, sondern eher eine statistisch gehärtete Hochrechnung. Motto: Besser wissen auch wir es nicht.
Hamburg klagt gegen die Methoden, die beim Zensus 2011 angewandt wurden. Das ist sehr nachvollziehbar, denn die Nachteile für die Stadt sind erheblich. Sie belaufen sich auf 117 Millionen Euro pro Jahr, weil weniger Einwohner weniger Geld aus dem Länderfinanzausgleich bedeuten. Da lohnt der Gang zum Bundesverfassungsgericht in jedem Fall.
Ein Problem ergibt sich daraus, dass die Kritik am Verfahren des Zensus 2011 nicht von Anfang geübt wurde, sondern erst in dem Moment aufkam, als die Ergebnisse für Hamburg negativ waren. Dennoch: Die Einwohnerdaten sind in vielerlei Hinsicht die Basis für eine gerechte Verteilung von Geld, aber auch von Lasten. Deswegen brauchen wir möglichst exakte Zahlen. Das Verfassungsgericht muss nun einen Weg aufzeigen, wie diese zu erlangen sind.