Weil, Althusmann und der NDR haben gezeigt, wie spannend Wahlkampf sein kann.
Es kann so einfach sein, Politik spannend zu verkaufen. Man nehme: ein herkömmliches Fernsehstudio, einen Moderator, der prägnant und präzise Fragen stellt, sowie zwei Spitzenkandidaten, die bereit sind, sich und den anderen nicht zu schonen. Fertig ist die perfekte Mischung gegen Langeweile, Einseitig- und Alternativlosigkeit.
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil, sein Herausforderer Bernd Althusmann und NDR-Moderator Andreas Cichowicz haben beim TV-Duell vor der Niedersachsen-Wahl gezeigt, wie es geht und künftig gehen muss, wenn die Kandidaten der großen Parteien aufeinandertreffen. Zu viele Fragesteller lenken genauso ab wie zu viele Zuschauer im Studio. Duelle brauchen die Konzentration auf das Wesentliche, die Konfrontation zweier Personen und ihrer Konzepte, die 1:1-Situation.
Gelingt diese, muss man sich auch weniger Gedanken darüber machen, dass sich Wähler wegen kaum auszumachender Unterschiede zwischen den Spitzenkandidaten Protestparteien zuwenden. In Niedersachsen ist diese Gefahr auch deshalb verhältnismäßig klein, weil Weil und Althusmann nicht nur im TV-Studio gezeigt haben, dass die Menschen eine echte Wahl haben: nicht nur zwischen zwei pointierten Politikstrategien, sondern auch zwischen Männern, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Hier der eher versöhnende, ruhige Ministerpräsident (mit Krawatte), dort der angreifende, ziemlich kantige Herausforderer (ohne Krawatte).
Wer die beiden beim Duell erlebt hat, kann sich nicht vorstellen, dass sie nach der Landtagswahl am Sonntag eine Koalition bilden, obwohl die laut Umfragen das einzig mögliche Zweierbündnis wäre. Weil und Althusmann dürfen sich nach ihren sehr unterschiedlichen Auftritten jeder als Sieger fühlen, beide haben offenbar aus den Fehlern von Angela Merkel und Martin Schulz bei deren sogenanntem Duell vor der Bundestagswahl gelernt. Die Spitzenkandidaten von SPD und CDU haben den kleinen Parteien, allen voran der AfD, wenig Raum gelassen, um sich zu entfalten, im Gegenteil. Nach dem Duell dürfte sich die Niedersachsen-Wahl noch stärker als bisher auf den Zweikampf ganz oben konzentrieren, dürften Weil und Althusmann mehr als zwei Drittel der Wähler hinter sich bringen. Zum Vergleich: Merkel und Schulz kamen gerade einmal auf etwas mehr als 50 Prozent.
Wer als Volkspartei also wissen will, wie Wahlkampf in Zeiten der AfD – die im für sie schlechtesten Fall sogar den Einzug in den Landtag verpassen könnte – funktionieren kann, muss in diesen Tagen nach Niedersachsen schauen. Und durfte beim TV-Duell erleben, dass es neben Flüchtlingen und Integration Themen gibt, die mindestens genauso wichtig sind: Bildung, gebührenfreie Kita-Plätze, den Ausbau von Bundesstraßen und Autobahnen, die innere Sicherheit.
Darum geht es, wenn man den Menschen wirklich eine Heimat geben will, in der sie gut und gern leben. Und zu diesen Themen hat NDR-Moderator Cichowicz die Kontrahenten unaufgeregt und mit der gebotenen journalistischen Zurückhaltung gelenkt. Auch das ist eine Erkenntnis des Niedersachsen-Duells – je weniger der Moderator auffällt, umso besser.
Und, um es ganz klar zu sagen: Einer, der die Fragen stellt, reicht völlig. Ganz gleich, ob es um die Wahl des neuen Ministerpräsidenten oder die des Kanzlers geht.