CDU und SPD haben Hamburg zum Vorbild bei der Kinderbetreuung gemacht.

Über Politik und Politiker wird oft geschimpft: Ihre Versäumnisse werden angeprangert, ihre Irrtümer kritisiert, ihre Fehler schonungslos seziert. Das alles ist so richtig wie wichtig. Aber was ist, wenn Politik etwas sehr gut macht? Die Weichen richtig stellt und strategisch klug lenkt? Gilt dann der alte Satz: Nicht gemeckert ist genug gelobt?

Das wäre fatal – nicht nur für die Betroffenen und die politische Kultur, sondern für die Demokratie und ihre Akzeptanz insgesamt. Uns geht es zwar so gut wie nie zuvor; zugleich aber sind viele so unzufrieden wie lange nicht mehr. Ob das auch daran liegt, dass wir Versäumnisse monatelang kritisieren, Leistungen aber schon nach Wochen als pure Selbstverständlichkeit wahrnehmen?

Es gibt die Dinge, die durchaus ein Lob verdienen, weil sie eine Stadt oder ein Land voranbringen. Hamburg beispielsweise ist vorbildlich im Bereich der Kinderbetreuung. Zwar ist auch hier nicht alles perfekt, wie etwa der verbesserungswürdige Betreuungsschlüssel zeigt. Aber gut ist es. Und diese Spitzenposition bei der Versorgung von kleinen Kindern mit Betreuungsplätzen ist eben nicht vom Himmel gefallen, sondern wurde herbeiregiert.

Ein Lob gebührt dabei dem ersten Senat unter Bürgermeister Ole von Beust, der 2003 das Kita-Gutscheinsystem aufgelegt hatte. Damals wollte die Mitte-rechts-Regierung die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessern und das System grundlegend reformieren. Die Mission ist, bei allen Startschwierigkeiten, geglückt. Binnen fünf Jahren entstanden etwa 130 neue Kitas und rund 13.000 zusätzliche Plätze. Höchstes Lob kam bald aus Berlin: Die damalige Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) bezeichnete das Hamburger Kita-Gutschein-System als „Vorzeigemodell für zahlreiche Länder und Kommunen in Deutschland“. Die Früchte allerdings erntete die Union nicht mehr – die schwarz-grüne Koalition schredderte ihre eigene Erfolgsgeschichte und wollte 2010 die Kita-Gebühren für viele drastisch erhöhen.

Die Bürgerschaftswahl 2011 gewann bekanntlich der Sozialdemokrat Olaf Scholz. Eines seiner Versprechen lautete damals, die Kita-Gebühren für fünf Stunden Betreuung täglich zu streichen. Viele hielten das für unsozial, weil Besserverdienende mit Staatsgeldern subventioniert würden. Warum aber Studienplätze selbst für Akademikerkinder kostenlos sein müssen, während der Kindergarten schnell mehrere Hundert Euro im Monat kosten sollte, vermochten diese Skeptiker nie plausibel darzulegen.

Heute ist die Kritik deutlich leiser geworden: Die Kita-Freiheit ist ein überzeugendes Argument, warum junge Familien heute nicht mehr ins Umland streben. Das hält die Stadt nicht nur jünger, sondern verbessert auch die Finanzkraft Hamburgs. Gerade der Einstieg in das Bildungssystem – und nichts anderes sind Kitas – sollte jeden erreichen. Investitionen in frühkindliche Bildung sind die klügsten Ausgaben überhaupt, sie rentieren sich zweistellig. Die Gebührenfreiheit hat das System der Kindertagesstätten gestärkt.

2013 lobte die damalige CDU-Familienministerin Kristina Schröder die Hansestadt als „vorbildlich“. Bei der Zahl der fehlenden Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren steht Hamburg noch am besten da – an der Elbe fehlen nur 7,3 Prozent der gewünschten Plätze. In Bayern sind es hingegen 14,9 Prozent. Es ist kein Zufall, dass nun andere Bundesländer die Gebühren streichen wollen – Berlin eifert dem Vorbild Hamburg nach.