Warum eine weitere Amtszeit des Präsidenten gut für den Verein ist.

Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass der FC St. Pauli der etwas andere Verein ist, so lieferte ihn der Zweitligaclub gestern Vormittag. Aus heiterem Himmel bat der Aufsichtsrat den Präsidenten Oke Göttlich und seine vier Stellvertreter um ihren Rücktritt. Herrlich verrückte St.-Pauli-Welt, mag man denken. Doch hinter der Entscheidung steckt Weitsicht. Der Wunsch des Kontrollgremiums ist keine Demontage, er ist ein Vertrauensbeweis der etwas anderen Art. Nur so kann die Präsidiumswahl, die eigentlich 2018 stattfinden soll, vorgezogen werden, um Göttlich vorzeitig eine weitere Amtszeit zu bescheren. Und dieses Vertrauen hat sich der gebürtige Hamburger verdient.

In den vergangenen Jahren wurde St. Pauli zu einem der wirtschaftlich gesündesten Vereine des Landes. Das Erfolgsrezept ist so einfach wie bewährt: nicht mehr ausgeben, als man einnimmt. Eine angenehm hanseatische Haltung in einer Zeit, in der schwarze Zahlen im zum Gigantismus neigenden Business Profifußball seltener geworden sind als schöne Sommertage in Hamburg.

Doch auch der Stadtteilclub lebt nicht allein von Luft und Liebe. Marketing und Sponsoring boomen wie nie, die Marke FC St. Pauli hat national wie international große Strahlkraft. Karten für die Heimspiele? Ein seltenes Gut. Selbst bis zu Stoke City aus der Premier League hat sich herumgesprochen, dass St. Pauli als Kooperationspartner cool ist, wie die Engländer kürzlich befanden.

Freilich: Die Herausforderungen für Göttlich werden nicht kleiner. Sollte die 50+1-Regel reformiert und der Einstieg von Investoren zugelassen werden, steht St. Pauli vor einem Spagat: konkurrenzfähig bleiben und trotzdem nicht die Identität als wirtschaftlich solider und mitgliedergeführter Verein verlieren. Aber auch das ist zu schaffen.