Ist des Deutschen liebstes Kind noch zu retten? Uefa-Präsident Ceferin hat einen Strauß voller Zukunftsideen.

5.000.000.000! Euro!! Eine Fünf mit neun Nullen!! So hoch soll in etwa die Summe sein, die in Europa in den vergangenen Wochen über die Verhandlungstische ging. Die einen gönnten sich einen Ballartisten mit gewöhnungsbedürftigem Haupthaar für 222 Millionen Euro. Die anderen kompensierten diesen Verlust mit dem Kauf eines 20 Jahre alten Bengels, der neben großartigem Fußballkönnen durch nicht ganz so großartige Manieren aufzufallen wusste. Kostenpunkt: bis zu 147 Millionen Euro.

Nun ja, über die wahnwitzigen Neymar-Dembélé-Transfers ist ausreichend diskutiert worden. Sie waren in diesem Transfersommer allerdings nur die Kirschen auf der immer fetter werdenden Sahnetorte. Allein die fünf größten Ligen aus England, Italien, Spanien, Frankreich und Deutschland gaben 4,43 Milliarden aus und brachen jede für sich sämtliche Transferrekorde. Selbst der ach so andere FC St. Pauli konnte sich im Kleinen der allgemeinen Völlerei nicht entziehen. Mit 1,3 Millionen Euro plus Nebengeräusche ist der zuvor nur ausgeliehene Cenk Sahin, natürlich, auch ein Rekordtransfer.

Der Autor ist Sport-Reporter beim Abendblatt
Der Autor ist Sport-Reporter beim Abendblatt © HA / Andreas Laible

Den allgemeinen Trend könne man wahrscheinlich nicht mehr aufhalten, sagt nun sogar Aleksander Ceferin. Und trotzdem sei die gegenwärtige Situation des Fußballs „einer der entscheidenden Momente“ für die Zukunft des Sports. Ceferin, im slowenischen Ljubljana geboren, ist Anwalt. Dreifacher Familienvater. Und nebenbei der Präsident der Uefa und somit eine Art Direktor des bombastischen Zirkus Profifußball.

Und tatsächlich scheint es so, als wenn selbst Ceferin nicht mehr geheuer ist, was da in der Manege unter seinem Zirkuszelt aufgeführt wird. Im ARD-Interview hat er deswegen mal laut über Alternativen für das dolle Treiben nachgedacht. Seine Ideen: eine baldige Anpassung des Financial Fairplay, eine kürzere Transferpe- riode und eine Gehaltsobergrenze.

Ceferins Vorschläge klingen beim ersten Hören gut, haben nur einen Haken: Bis auf die kürzere Transferperiode, die in der Fußballfamilie ohnehin jeder will und in England sogar beschlossen wurde, dürften die anderen Ideen kaum umsetzbar sein. Besonders eine Verschärfung des Financial Fairplay, das eingeführt wurde, um die Stabilität im Fußball zu erhöhen, gilt als kaum durchsetzbar.

Bereits die bisherige Form, die Ceferin als „erfolgreich“ bezeichnet, war in Wahrheit ein schlechter Witz. Bisher wurden lediglich Clubs wie Krasnodar, Lokomotive Moskau, ZSKA Sofia, Karademir Karabükspor und Rostow sanktioniert. Paris Saint-Germain und Manchester City aber, über deren Geschicke in lupenreinen Demokratien im Nahen Osten entschieden wird, scheren sich – auf gut Deutsch – einen Dreck um die Regeln.

Zur ganzen Wahrheit gehört allerdings auch, dass es im Falle einer Verschärfung vom Financial Fair Play nicht nur fremdfinanzierten Protzclubs wie PSG und City an den Kragen gehen müsste. Sondern auch dem hanseatischen HSV – sofern er denn in einer fernen Zukunft tatsächlich mal wieder europäisch spielen würde. Denn auch beim HSV gibt es seit Jahren nur eine Konstante: das aus der Schweiz subventionierte Missverhältnis zwischen Einnahmen und Ausgaben.

Punkt drei auf Ceferins Utopie-Wunschzettel: eine Gehaltsobergrenze. Auch diese klingt ganz famos, verstößt aber nach Meinung vieler Experten gegen EU-Kartellrecht. Und selbst wenn das Unmögliche möglich gemacht wird, droht Ungemach aus England. Denn die Briten gehören bekanntlich schon bald nicht mehr zur EU – und dürften sich in bester Manchester-City-Manier auch diesem Thema annehmen.

Des Rätsels Lösung könnte das Projekt Common Goal sein. Demnach sollen Fußballer zukünftig ein Prozent ihres Gehalts spenden. Das Charmante an der Idee: Je mehr verdient wird, desto mehr wird auch gespendet.

Initiator des Projekts ist übrigens nicht Uefa-Chef Ceferin, sondern Manchester-United-Star Juan Mata. Am Ende des Tages könnten seine und all die Ideen von Ceferin allerdings eine traurige Gemeinsamkeit haben: Auch dieser Vorschlag ist wohl zu schön, um spürbar wahr zu werden.