Metropolen wie Hamburg brauchen ein viel beherzteres Umsteuern der Politik

Immer neue Details zu den Betrügereien der Autoindustrie und immer härtere Urteile der Gerichte zum Schutz der Stadtbewohner vor giftigen Abgasen: Mittlerweile sollte auch den Letzten klar sein, dass sich das Dieselproblem in Deutschland nicht mit ein wenig Kosmetik oder weißer Salbe lösen lässt. Um die Gesundheit der Bürger zu schützen und zugleich die Zukunft der Mobilitäts-Industrie zu sichern, braucht es einen harten Schnitt – und ein ebenso mutiges wie kraftvolles Umsteuern der Politik.

Der Dieselgipfel bei der Kanzlerin zeigt zwar, dass nun auch die Bundesregierung bemerkt hat, dass man dieses Thema nicht aussitzen kann. Weil Dutzende Städte (auch Hamburg) die EU-Grenzwerte bei giftigen Stickoxiden seit Jahren verletzen, hat Deutschland nicht nur die EU im Nacken. Auch die Gerichte verlieren die Geduld mit einer Politik, die seit Jahren achselzuckend die Gesundheit von Hunderttausenden Stadtbewohnern aufs Spiel setzt. Dafür allerdings sind die Gipfel-Ergebnisse dürftig. Die 500 Millionen Euro, die jetzt zusätzlich für die Kommunen zur Verfügung gestellt werden, sind für den erforderlichen radikalen Umbau der städtischen Verkehrssysteme viel zu wenig.

Was wirklich nötig wäre, hat Hamburgs Wirtschaftssenator Horch beim Gipfel vorgetragen: Deutschland braucht ein langfristiges Investitionsprogramm für neue Mobilität. Kommunen müssen das Recht erhalten, nur noch E-Taxis und -Busse zu konzessionieren, E-Autos müssen als Dienstwagen besser gestellt werden, und der Bau von Bahnen muss stärker gefördert werden als Diesel-Buslinien. Der Bund täte gut daran, solchen Vorschlägen zu folgen. Bleiben Merkel und Co. weiter so mutlos, werden die Gerichte bald reihenweise Fahrverbote verhängen. Das würde auch die Autoindustrie massiv schädigen.