Die Hamburger Kita-Politikist vorbildlich und rückständig zugleich
In kaum einem anderen Politikbereich in Hamburg liegen Licht und Schatten so nah beieinander wie beim Thema Kinderbetreuung. Seit drei Jahren ist das Grundangebot, fünf Stunden Betreuung pro Tag inklusive Mittagessen, für die Eltern gebührenfrei – eine enorme Entlastung für Familien, die Hamburgs Anziehungskraft entsprechend gesteigert hat. Dass inzwischen fast 100 Prozent aller Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren eine Kita besuchen, ist auch eine Folge davon und absolut vorbildlich – zumal in einer Großstadt, in der ohne die Kitas viele Kinder ohne vernünftige Deutschkenntnisse in die Schulen kämen.
Auf der anderen Seite stehen die Betreuungsquoten: Dass im Elementarbereich eine Erzieherin im Schnitt neun Kinder betreut, ist im Bundesvergleich zwar in Ordnung, aber dennoch kein Ruhmesblatt. Das eigentliche Problem sind aber die Krippen: Bei den Unter-Dreijährigen kommen 5,1 Kinder auf eine Erzieherin – mehr als im Bundesschnitt und mehr als in jedem anderen westdeutschen Bundesland. Das allein ist für ein reiches Bundesland, das gern die „familienfreundlichste Stadt in Deutschland“ sein möchte, nicht akzeptabel. Hinzu kommt, dass alle diese Länder-Daten nur statistische Werte sind, die mit der Realität wenig zu tun haben. So dürfte die Betreuungsquote in Hamburger Krippen tatsächlich eher bei 1:7 liegen. Eine Erzieherin kümmert sich also um sieben Kleinkinder, die ihre Mama vermissen, gefüttert werden müssen, die Windeln voll haben oder bespaßt werden wollen – oder alles gleichzeitig. Das ist unverantwortlich.
Gut ist, dass der Senat auf Druck von Elterninitiativen das Problem erkannt und schrittweise Verbesserungen eingeleitet hat. Schlecht ist, dass es wohl noch Jahre dauert, bis das spürbar wird.