Mal wieder macht sich die Stadt unglaubwürdig, weil sie gegen ihre eigenen Gesetze handelt. Im Falle der leer stehenden Wärterhäuschen rund um die JVA Fuhlsbüttel macht sie sich sogar doppelt angreifbar. Die Justizbehörde besitzt hier 13 Häuser mit insgesamt 47 Wohnungen, von denen nur noch 13 belegt sind. Die Saga lässt sechs weitere Wärterhäuser mit je vier Wohnungen seit Jahren verfallen.
Hier hebelt die Stadt nicht nur ihr Wohnraumschutz-, sondern auch das Denkmalschutzgesetz aus. Denn in den Häusern, von denen viele denkmalgeschützt sind, stehen Wohnungen seit bis zu zehn Jahren leer. Der Bezirk Hamburg-Nord wendet zudem das Wohnraumschutzgesetz nicht an, das bei einem mehr als dreimonatigen Leerstand Strafen bis zu 50.000 Euro verhängen kann. Stattdessen verweist er auf Ausnahmeregelungen. Zum Vergleich: Der Bezirk Hamburg-Mitte hat im vergangenen Jahr einen privaten Wohnungseigentümer enteignet, weil er sechs seiner Wohnungen seit 2012 leer stehen ließ. Die Wohnungen in der Ohlendorffstraße in Hamm werden demnächst zwangsvermietet.
Auch die Kulturbehörde achtet bei den Wärterhäuschen – mal wieder – nicht auf den Denkmalschutz in den eigenen Reihen. Statt dass die Stadt durch eine Sanierung und neue Vermietung den Bürgern mal signalisiert „Wir kümmern uns“ – passiert nichts. Ach doch. Hinterhöfe und Grünflächen werden nachverdichtet, Bürgerbegehren gegen Bauvorhaben ausgehebelt und eigene Denkmäler wie die City-Hochhäuser abgerissen. Fragt sich, wie lange die Einschätzung internationaler Medien über die hohe Hamburger Lebensqualität von den Hamburgern selbst noch geteilt wird. Angesichts der vom Senat forcierten „Immer mehr“-Mentalität in Sachen Tourismus dürfte ihm das aber egal sein.
Hier lässt sich jetzt der Bogen spannen zur Staatskasse, in die die auswärtigen Besucher ja bekanntermaßen viel Geld spülen sollen. Laut Hamburg Marketing betrugen die Steuereinnahmen durch den Tourismus 2016 rund 700 Millionen Euro. Dieses Geld könnte man doch zur Abwechslung auch mal so verwenden, dass wir Bürger merken: Die Stadt nimmt auch die Angelegenheiten wichtig, die uns viel bedeuten. Zum Beispiel die Instandsetzung der eigenen Immobilien, um so die Wohnungsnot und den Nachverdichtungsbedarf zu lindern – und Hinterhöfe und Grünflächen zu retten.
Auf mittlerweile 11,3 Millionen Euro schätzt die Justizbehörde die Kosten für die Sanierung ihrer Wärterhäuser. Die Gebäude seien in unterschiedlichem Maße renovierungs- und sanierungsbedürftig, manche sogar unbewohnbar, heißt es. Wie kann man es bloß so weit kommen lassen? Zumal das Ensemble der Wärterhäuschen als erhaltenswert und einmalig gilt.
Wenn man dann aus der Behörde erfährt, dass zu den Sanierungskosten als „besondere Kostentreiber“ noch teure Denkmalschutz-Maßnahmen kommen, kann man es doch schon fast hören, das Todesurteil für Denkmäler: wirtschaftliche Unzumutbarkeit!
Unzumutbar aber ist es auch, Wohnraum in einer Stadt wie Hamburg jahrelang verfallen zu lassen. Der Senat sollte zeigen, dass er sich vorbildlich an seine eigenen Gesetze hält. Dazu gehört es, Wohnungen nicht leer stehen zu lassen. Und im konkreten Fall Denkmäler wie die Wärterhäuschen zu sanieren und auf dem freien Markt anzubieten. Auf diese Weise könnte zumindest für ein paar Bürger die lange Wohnungssuche beendet werden.