Machen die Ultras so weiter, drohen in deutschen Stadien bald englische Verhältnisse

Regelmäßig kommen englische Fußballfans nach Hamburg, um die Stimmung im HSV- und im St.-Pauli-Stadion zu genießen. Knapp 12.000 Stehplätze gibt es im Volkspark, 16.940 am Millerntor. Ein Traum für Traditionalisten. Gewaltexzesse wie während des DFB-Pokalspiels zwischen Rostock und Berlin sind jedoch nicht nur beschämend und dumm. Sie könnten das zur Folge haben, wovor sich die Ultras und viele Anhänger am meisten fürchten: englische Verhältnisse, wenn Stehplätze und Vergünstigungen für Fangruppierungen abgeschafft und Ticketpreise so in die Höhe geschraubt werden, dass sich nur noch die gehobene Mittelschicht eine Karte leisten kann. So könnten die Vereine reagieren, um sich ihr Milliardengeschäft nicht kaputtmachen zu lassen. Und das kann niemand wollen.

Ultras sind nicht per se gewaltbereit. Die überwiegende Mehrheit ist friedlich, viele engagieren sich politisch sowie sozial. Manche haben Preise dafür erhalten. Aber es gibt Verirrte unter ihnen, die nicht an Fußball, sondern an falsch verstandener Männlichkeit interessiert sind. Ob in Hamburg, Dortmund, Hannover oder jetzt Rostock, sie nehmen den Fußball in den Schwitzkasten, und sofort wird der Ruf nach Konsequenzen und mehr Sicherheit laut. Dabei konnte man in Rostock sehen, wo 1700 Polizisten aufpassten, dass es keine 100-prozentige Sicherheit gibt.

Dumm ist das alles auch, weil die Idioten die Grundlage zerstören, auf der man sehr wohl kritisch hinterfragen kann, was an Entfremdungs- und Kommerzialisierungsprozessen momentan im Fußball abläuft. Aber wer prügelt und zündelt, dem hört niemand zu. Die gewaltbereiten Ultras bringen den Fußball in Gefahr, den wir in Deutschland lieben, für den uns die Welt beneidet. Das gilt es zu schützen – mit Dialog und kontinuierlicher Fanarbeit, nicht mit Aktionismus oder Hardliner-Rhetorik.

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