Hamburg. Wie Michel Abdollahi, Hamburger Künstler und Satiriker, die innere Größe des Schwamms zu seiner wahren Größe machte.
Der Küchenschwamm ist vielleicht das leidensfähigste Objekt überhaupt. „Schwamm drüber“, sagen wir – und meinen: Der hält das schon aus, wir müssen uns keine Sorgen um ihn machen. Er wischt, entfettet, entkrümelt, entfeuchtet. Klaglos attackiert er den Bodensatz, den hartnäckigen Ceranfeldschmutz, die festgetrocknete Milch, den Schimmel im Brotkasten, die im Topf klebenden Nudelreste, das pattexhafte Pesto. Niemand schafft mehr als der Schwamm. Wir sollten viel öfter über die Schwammintelligenz reden.
Michel Abdollahi, der Hamburger Künstler und Satiriker, hat versucht, das Gespräch darüber in Gang zu bringen: mit einem zwei mal vier Meter großen Küchenschwamm. Kunstkritiker sagen: Abdollahi sei es überzeugend gelungen, die innere Größe des Schwamms zu seiner wahren Größe zu machen.
Doch siehe: Der Mensch erträgt es nicht. Der Riesen-Schwamm zersetzt seine Seele. In Hamburg wurde Abdollahis Kunstwerk in Brand gesetzt, in Augsburg haben es jetzt spielende Kinder in Stücke gerissen.
Der Künstler zürnt. Sein Schwamm sei ein friedliches und stilles Objekt, das zum Diskutieren einladen solle, sagt er. Er sei ein „Anti-Hass-Schwamm“, der Böses symbolisch aufsauge.
Im Moment scheint es allerdings, als sauge er ganz unsymbolisch Böses an. Vielleicht ist die Menschheit einfach noch nicht reif für die unendliche Leidensfähigkeit des Schwamms. Vielleicht macht es sie aggressiv, dass der Schwamm stellvertretend für den Menschen leidet. Zukünftige Generationen, da sind wir uns sicher, werden für den Schwamm schwärmen.