Nach der Rüge von Kanzlerin Merkel steht Trepoll und seine Hamburger CDU isoliert da. Welche Fehler er gemacht hat. Ein Kommentar.

Hamburg. Der Vorgang ist zumindest in der jüngeren hamburgischen Geschichte beispiellos: In kaum zu übertreffender Schärfe hat sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) von den Hamburger Christdemokraten distanziert und sie für deren Rücktrittsforderung an Bürgermeister Olaf Scholz gerügt. Die Rückendeckung für den SPD-Mann Scholz an sich zeugt vom Format der Kanzlerin. Sie war bei diesem Gipfel die Gastgeberin und schiebt die Verantwortung nicht ab. Wie könnte sie auch?

Anstatt die Differenzen mit ihren eigenen Parteifreunden aber diplomatisch zu bemänteln, hat Merkel sie gehörig abgekanzelt. „Ganz deutlich“ habe sie der Hamburger CDU gesagt, dass sie die Rücktrittsforderung für falsch halte. Aber die Hamburger Opposition „meinte, sie müsse es anders sehen“. So spricht man sonst über ein trotziges Kind oder einen pubertierenden Jugendlichen. Der Vorgang zeigt auch, welches politische Gewicht der Hamburger Landesverband in der Bundes-CDU hat – sehr wenig nämlich.

CDU-Fraktionschef André Trepoll, der zunächst wohl gedacht haben dürfte, er könne von Scholz´ Fehlern im Zusammenhang mit dem G20-Gipfel parteipolitisch profitieren, steht nun selbst brüskiert da. Das ist insofern etwas ungerecht, als er in seiner Fraktion nach der Wahlniederlage der Christdemokraten bei der vergangenen Bürgerschaftswahl sehr respektable Aufbauarbeit geleistet hat.

Trepoll hat Hamburger CDU isoliert

Jetzt aber ist er zumindest ungeschickt vorgegangen: Den Rücktritt von Scholz forderte Trepoll sehr früh – bereits am Sonntagmorgen, als im Schanzenviertel noch aufgeräumt wurde, und lange, bevor auch nur ansatzweise die wesentlichen Fakten zu den Ausschreitungen und dem Polizeieinsatz auf dem Tisch lagen. Vielleicht hat sich Trepoll von der Empörungswelle mitreißen lassen.

Dabei hat er es aber offensichtlich versäumt, sich mit der Bundespartei abzustimmen. Vielleicht hätte er sich aber auch selbst sagen können, dass die Rücktrittsforderung an Scholz schnell automatisch auch Gipfelgastgeberin Merkel und ihren sicherheitsverantwortlichen Innenminister Thomas de Maizière in den Fokus rücken würde. Bundesweit steht der Hamburger CDU-Landesverband in dieser Frage nun auf jeden Fall isoliert da.

Hamburger CDU zählt zu G20-Verlierern

Plausibler als eine schnelle Rücktrittsforderung wäre unter Umständen die Unterstützung eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses gewesen, der alle Vorgänge mit erweiterten Kompetenzen aufklären könnte. Nach Merkels Rüffel jedenfalls rückte André Trepoll am Montag zwar nicht von seiner Rücktrittsforderung ab, wollte sie aber auch nicht wiederholen. Man müsse jetzt von „plakativen Forderungen“ wegkommen. Aha.

Für Bürgermeister Scholz, den die Bilder des ungehindert marodierenden linksautonomen Mobs in schwere Bedrängnis gebracht haben, bedeutet die Rückendeckung von Kanzlerin Merkel nicht nur moralische, sondern auch wichtige politische Unterstützung. Allerdings ist auch in der Hamburger Sozialdemokratie bislang keine Absetzbewegung von ihrem Landesvorsitzenden zu beobachten.

Zu den vielen Verlierern des G20-Gipfeltreffens in der Hansestadt muss neben Scholz nun auch die Hamburger CDU gezählt werden. Und das ausgerechnet im heraufziehenden Bundestagswahlkampf, in dem die Hamburger Christdemokraten mit ihrer populären Kanzlerin zu punkten gehofft hatten. Keine optimale Ausgangslage.