Nur eine Doppelbahn für Galopper und Traber könnte das Überleben dieser Veranstaltungen sichern
Ja, wo laufen sie denn? Und wann? Um Turbulenzen rund um den G20-Gipfel zu umschiffen, lässt der altehrwürdige Hamburger Renn-Club von 1852 das Deutsche Derby eine Woche früher als geplant starten. Die 148. Auflage des Traditionsrennens geht also schon an diesem Sonntag über die Runde. Anschließend ist die Luft raus, auch wenn auf dem Hippodrom in Horn noch drei Veranstaltungstage folgen.
Dennoch besteht Grund zur Vorfreude auf den Höhepunkt des deutschen Turfjahres. Hochkarätiger Sport auf der Grünanlage im Horner Moor, spannende Einläufe, eine herrlich abwechslungsreiche Zuschauermischung sowie die Aussicht auf einen kleinen Coup am Totalisator lohnen den Besuch auf jeden Fall. Zumal der Eintritt auf dem Sattelplatz an vier von sechs Renntagen frei ist.
Verdruss bereitet ein dauerhaftes Dilemma: Entwicklung und Bau einer Doppelrennbahn für Galopper und Traber verzögern sich weiter. Damit setzt sich eine fast „unendliche Geschichte“ fort. Nach jahrelangen Diskussionen hatte der seinerzeit von der CDU geführte Senat im Sommer 2009 den Planungsbeginn beschlossen. Später unterstützte Rot-Grün im Rathaus das Konzept eines Pferdezentrums in der Pferde-Hauptstadt Hamburg im Prinzip. Eigentlich.
Es wird in mehreren Behörden eine Menge getagt, verhandelt, geredet, doch passiert ist unter dem Strich praktisch nichts. Zwar ist die Stadt seit Jahren bereit, Millionen in die neue Anlage zu investieren, indes verlangt sie absolut zu Recht, dass der Betrieb kostendeckend laufen muss. Aus gutem Grund will der Senat ein ausuferndes Kostenfiasko à la Elbphilharmonie verhindern. Folglich sind die wirtschaftlich angeschlagenen Traber und Galopper aufgerufen, gemeinsam eine plausible Kalkulation vorzulegen. Dies sei längst geschehen, heißt es intern.
Warum ist dennoch kein Fortschritt zu erkennen – von der Gründung einer GmbH beider Pferdesportsparten jüngst abgesehen? Vielleicht, weil es keinen Politiker gibt, der das Thema wirklich anpacken will, das Heft in die Hand nimmt und das Projekt umsetzt. Die Senatoren für Inneres/Sport und Wirtschaft sowie der Erste Bürgermeister hätten das politische Gewicht, den Fall zur Chefsache zu erklären. Die Sportstadt braucht dringend neue Erfolgserlebnisse.
Zumal die Rechnung plausibel klingt. Die Stadt verkauft das Gelände der Trabrennbahn in Bahrenfeld, ein riesiges Sahnestück nahe der Autobahn 7, und baut dort Wohnungen. Das Konzept steht längst. Der Erlös, schätzungsweise 150 bis 180 Millionen Euro, könnte für einen Teil des Elbtunneldeckels verwendet werden – und eben für eine Doppelrennbahn auf der anderen Seite der Hansestadt.
Das klingt gut, dauert jedoch viel zu lange. Die Zeit rennt: Beiden Traditionsbahnen geht es schlecht. Die Galopper verbuchten nach dem Derby im Vorjahr einen Verlust von gut 200.000 Euro. Und die Traber können nur noch existieren, weil der milliardenschwere Pferdezüchter und Kaffeeunternehmer a. D. Günter Herz indirekt fast eine Million Euro pro Jahr beisteuert. Sollte diese Subvention ausbleiben, fällt das Überleben schwer. Eine Kombirennbahn, so die Hoffnung hier wie dort, könnte frischen Schwung bringen und den Osten der Hansestadt beleben. Auch weil eine Ganzjahresnutzung der Anlage Veranstaltungen über den Sport hinaus bedeutet.
„Es ist nicht die Absicht der Stadt, den Betrieb in Bahrenfeld zu beenden, bevor die Doppelrennbahn fertiggestellt ist“, sagte Senatskanzlei-Staatsrat Christoph Krupp dem Abendblatt jetzt auf Nachfrage. Das beruhigt die Traber. Und er bekräftigte erneut: „Vorbehaltlich eines Bürgerschaftsbeschlusses sind wir bereit, die Doppelrennbahn mit bis zu 25 Millionen Euro zu fördern, wenn es ein langfristig tragbares Betriebskonzept gibt.“ Das beruhigt beide Seiten. Ein bisschen.
In einem ersten Schritt sollen demnächst 1,8 Millionen Euro Planungsmittel bewilligt werden. Dann gilt es aber nun wirklich für alle Beteiligten, zügig in die Hufe zu kommen. Sonst ist das Rennen beendet, bevor es richtig gestartet ist.