Wirtschaftsverbände müssen neue Rolle finden und Gegenpol zur Politik bilden

Die Hamburger Handelskammer war bisher das mächtige Sprachrohr der Wirtschaft in der Stadt – jetzt aber verliert sie zum Teil diese Funktion. So haben die Handelsverbände nun einen Dachverband namens Nordhandel gegründet, dem die Mitgliedsunternehmen mehr zutrauen, ein Gegengewicht zur Politik zu bilden.

Mit Blick auf die Umwälzungen in der Kammer, die durch den erdrutschartigen Sieg der Wahlgruppe „Die Kammer sind Wir“ ausgelöst wurden, mögen einige Unternehmer das bedauern. Andere traditionelle Kaufleute werden sagen: „Ich habe es kommen sehen.“ Ihnen allen sei entgegengehalten: Es ist ein normaler, folgerichtiger Vorgang.

Das Plenum der Handelskammer ist von Hamburgs Unternehmen demokratisch gewählt worden. Seine Mitglieder haben in ihrem Wahlkampf deutlich gemacht, dass sie der Kammer eine andere Funktion geben wollen. Sie haben nie behauptet, dass die Kammer ihren bisherigen, alleinigen Vertretungsanspruch gegenüber der Politik aufrechterhalten soll. Sie könnte es auch gar nicht, wenn die Beitragszahlung wie angekündigt künftig freiwillig geschehen soll.

In anderen Bundesländern ist es üblich, dass nicht die Industrie- und Handelskammern, sondern der Arbeitgeberverband der natürliche Ansprechpartner von Politik und Verwaltung ist. Die herausragende Rolle der Hamburger Handelskammer war ein Spezifikum, das historisch gewachsen ist.

Nun müssen es andere Institutionen richten. Es ist dem Zentralverband Nordhandel zu wünschen, dass er die Interessen der Händler in der Stadt künftig ebenso entschieden gegenüber der Politik vertritt, wie das bisher die Handelskammer getan hat. Daran wird er gemessen.