Die Grünen wollen nicht über Koalitionen diskutieren, haben aber nicht viele Optionen.

Musik von Katy Perry, Selfies mit den Spitzenkandidaten, Reden von internationalen grünen Helden wie dem Niederländer Jesse Klaver und der Kanadierin Elizabeth May: Die Grünen haben gelernt, wie man einen Parteitag inszeniert. Sie haben gelernt, sich nicht selbst zu zerfleischen. Sie haben gelernt, sich selbst zu feiern. Und: Die Grünen-Spitze hat relativ erfolgreich eine Sache aus dem Parteitag rausgehalten, die ihr unangenehm ist: die Diskussion darüber, mit wem sie eigentlich nach der Wahl regieren will.

Die Sonnenblumen-Partei geht mit der Strategie der Eigenständigkeit in den Wahlkampf. Sie legt sich nicht auf eine bestimmte Koalition fest. 2009 und 2013 traten die Grünen mit dem Ziel an, ein rot-grünes Bündnis zu schmieden. Das klappte jedoch nie, die SPD war einfach zu schwach.

Alexander Kohnen
Alexander Kohnen © Reto Klar

In den vergangenen vier Jahren hat sich die Partei geschmeidiger gemacht. Sie gibt sich kompromissbereiter, pragmatischer. Hat sich ein Stück in Richtung Mitte bewegt. In den Bundesländern regieren die Grünen bereits in Koalitionen, die vor ein paar Jahren noch utopisch klangen: Grün-Schwarz in Baden-Württemberg, Schwarz-Rot-Grün in Sachsen-Anhalt und bald „Jamaika“ – Schwarz-Gelb-Grün – in Schleswig-Holstein.

Nach der Lehre dieser neuen Flexibilität wollen die Grünen nach der Bundestagswahl mit allen Parteien außer der AfD über eine Zusammenarbeit reden. Immer mit dem Leitsatz: Wir regieren mit, wenn wir unsere grünen Inhalte umsetzen können, etwa das Ende des Verbrennungsmotors 2030 oder den Ausstieg aus der Kohleenergie. Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt sagte im Berliner Velodrom: „Es geht längst nicht mehr darum, mit wem. Sondern für was.“

Doch es ist ein Fehler, die Koalitionsfrage nicht auf dem Parteitag zu diskutieren. Das könnten die Spitzengrünen nach der Wahl merken, wenn sie den Koalitionsvertrag der Basis zur Abstimmung stellen und die wahrscheinlich bitteren Kompromisse mit den neuen Bündnispartnern verteidigen müssen. Drei Koalitionen sind aktuell denkbar – zwei davon sind für die Grünen mehr als schwierig.

Zunächst zu der einfachsten Koalition: Rot-Gelb-Grün. Die Ampel wäre das Bündnis, das von 1998 bis 2005 Deutschland regiert hat – plus FDP. Sie würde kaum Gegenwind aus der Basis bekommen. Doch solange die SPD nicht über 30 Prozent kommt, ist dieses Modell Wunschdenken.

Ein Härtetest für die Öko-Partei wäre Rot-Rot-Grün. Die Realos, also der rechte Flügel, können mit der Linken nichts anfangen. Und sogar die linken Grünen distanzieren sich regelmäßig von Sahra Wagenknecht und ihrer Truppe. Auch diese Koalition hat keine Mehrheit in den Umfragen.

Die dritte Option – Jamaika – klingt erst mal einfach, schließlich wurde gerade ein solches Bündnis in Kiel gezimmert. Doch im Bund gibt es nicht nur die CDU, sondern auch die CSU. Die Bayern wollen keinen Koalitionsvertrag ohne Obergrenze für Flüchtlinge unterschreiben. Einer Zusammenarbeitet mit den Grünen erteilen sie immer wieder eine Absage. Es gibt Partei-Linke, die sagen, eine Jamaika-Koalition würde die Grünen zerreißen.

Doch: Diese Koalition hat eine Mehrheit in den Umfragen. Wie es jetzt aussieht, wird Angela Merkel sich ihre Partner aussuchen können. Also entweder mit der SPD weiterregieren. Oder eine schwarz-gelb-grüne Koalition starten. Die Grünen müssen sich besser auf Jamaika vorbereiten.