Hamburgs Linke laufen im Streit um G20 Gefahr, unglaubwürdig zu werden
Parteien genießen in Deutschland einen besonderen Schutz. Sie allein werden im Grundgesetz im Artikel 21 ausdrücklich erwähnt. Sie allein entsenden Mitglieder in die Bürgerschaft oder den Bundestag.
Die Parteien verfügen damit – demokratisch legitimiert – über enorme Macht. Die von ihnen in Parlamente entsandten Mitglieder beschließen Gesetze, an die sich jeder halten muss – egal ob er die Regelung gut findet oder ob er sie ablehnt.
Aus dieser großen Macht ergibt sich große Verantwortung. Schließlich votieren hierzulande die Menschen für Parteien in dem Vertrauen, dass diese dem Volk und nicht sich selbst dienen.
Die Linke in Hamburg muss sich gegenwärtig fragen lassen, ob sie diesem Anspruch gerecht wird. Wer sich Äußerungen einflussreicher Hamburger Linken-Politiker zu den geplanten Sicherheitsmaßnahmen für den G20-Gipfel anhört oder durchliest, den beschleichen Zweifel.
Es geht nicht darum, die Legitimität des friedlichen Protests der Zivilgesellschaft gegen das Spitzentreffen der Politik infrage zu stellen. Es geht auch nicht darum, die Linke erneut aufzufordern, sie solle sich von Gewalt als Mittel der Auseinandersetzung in einem demokratischen Staat distanzieren. Das haben verschiedene Hamburger Linken-Politiker wiederholt getan.
Befremdlich ist jedoch, wenn der Polizei und den Sicherheitsbehörden leichtfertig vorgeworfen wird, sie würden das Grundgesetz verletzen. Zuletzt tat das Innenexpertin Christiane Schneider, als sie mit Blick auf die geplanten Sicherheitszonen von einer „polizeilichen Logik“ sprach, die „zentrale Grund- und Freiheitsrechte absoluten Sicherheitsinteressen der Gipfelteilnehmer“ unterordne.
Angesichts dieser markigen Worte fragt man sich: Sind nicht 27 Demonstrationen angemeldet, von denen die meisten stattfinden werden? Wird es vor, während und nach dem Gipfel nicht zu vielen Veranstaltungen kommen, auf denen Vertreter der Zivilgesellschaft den Gipfelteilnehmern heftig die Leviten lesen werden?
Man muss kein Anhänger von Kanzlerin Angela Merkel sein. Aber sie wird an diesem Wochenende von Vertretern von 200 Organisationen aus 50 Ländern einen Katalog mit Forderungen für eine bessere Welt in Empfang nehmen. Es gibt also reichlich Möglichkeit, inhaltlich Protest zu formulieren.
Und was macht die Linke? Sie beharrt auf Demonstrationsrouten, bei denen die Polizei die Sicherheit von Teilnehmern nicht gewährleisten kann. Sie fokussiert sich auf Protestcamps in dafür ungeeigneten Grünanlagen und riskiert deren nachhaltige Beschädigung. Das alles nährt den Verdacht, dass es der Linken nicht um eine inhaltliche Debatte geht.
Natürlich ist das Versammlungsrecht grundgesetzlich geschützt. Daran hat das Hamburger Verwaltungsgericht die Politik zu Recht erinnert, als es in der vergangenen Woche das im Stadtpark geplante Protestcamp (vorläufig) als Demonstration einordnete.
Der Zwilling dieses Schutzes ist allerdings der respektvolle Umgang mit diesem Recht. Dieser schließt die Beachtung der Rechte anderer ein. Darauf haben die Richter im Übrigen in ihrem Urteil ausdrücklich hingewiesen.
Von Hamburgs Erstem Bürgermeister Olaf Scholz stammt der Satz, „Ich bin liberal, aber nicht doof.“ Diese Worte mag man in diesen Tagen nicht oft genug zitieren. Schließlich ist nicht jede Beschränkung einer Demonstrationsroute sogleich eine Verletzung von Freiheitsrechten.
Es gehört zur Verantwortung auch linker Politiker, die Worte abzuwägen. Ihre Pflicht zur Kontrolle von Polizeihandeln steht außer Frage. Auf dem Spiel steht aber ihre Glaubwürdigkeit.