Die Zahl der Arbeitslosen sinkt deutlich – und das wird immer mehr zum Problem

Die offiziellen Zahlen zeigen einen eindeutigen Trend – und zwar einen positiven. Bundesweit sind weniger als 2,5 Millionen Frauen und Männer arbeitslos gemeldet. Das ist der niedrigste Wert seit mehr als einem Vierteljahrhundert. Und auch in Hamburg ist die Zahl erstmals seit Langem wieder auf unter 70.000 gesunken. Bundesweit liegt die Arbeitslosenquote bei 5,6 Prozent – ein Wert, auf den die meisten anderen Industriestaaten voller Neid blicken. Es steht außer Frage, dass die deutsche Arbeitsmarktpolitik – basierend auf den Reformen der früheren Bundesregierung unter Gerhard Schröder – die Erwerbslosenquote nach unten gedrückt hat. Das Positive: Es gibt viel Arbeit hierzulande. Das Pro­blem: Immer mehr Unternehmen haben viel zu viel Arbeit – und sie finden niemanden mehr, der diese verrichten kann oder will.

Die Ursachen für dieses Problem sind vielfältig und müssen zügig gelöst werden. Geburtenstarke Jahrgänge gehen in den Ruhestand, und die Zahl der jungen Nachrücker reicht bei Weitem nicht aus, um die Lücke auf dem Arbeitsmarkt zu schließen. Aber diese Lücke droht zu einem Krater zu werden. Bereits heute können unzählige Betriebe ihre Ausbildungsplätze nicht besetzen – allein in Hamburg gibt es aktuell 5000 offene Lehrstellen. So fällt es zum Beispiel klassischen Handwerksbetrieben immer schwerer, adäquaten Nachwuchs zu finden. Denn für harte körperliche Jobs mit zum Teil unattraktiven Arbeitszeiten wie beim Bäcker oder Schlachter sind kaum noch Jugendliche zu begeistern. Tausende Mittelständler mussten wegen einer fehlenden Nachfolge bereits aufgeben. Aber der Fachkräfte- und Nachwuchsmangel beschränkt sich längst nicht aufs Handwerk.

Ingenieure sind genauso rar wie IT-Experten, Pflegekräfte oft gar nicht zu bekommen, und in der Hamburger Innenstadt kleben an fast jeder zweiten Schaufensterscheibe Zettel, mit denen Personal für den Verkauf gesucht wird. Die Lösungen für diese Probleme sind nicht neu, aber sie müssen endlich angegangen werden. Denn schon heute gibt es seriöse Studien, die belegen, dass Deutschlands Wirtschaft schwächer wächst, weil Personal fehlt. Eine Entwicklung, die zu weniger Steuereinnahmen und einem geringeren Wohlstand für alle Bundesbürger führt.

Vor allem Zuwanderung muss in diesem Zusammenhang als Chance verstanden werden. Dabei sind die Flüchtlinge, die in den vergangenen Jahren aus Angst um ihr Leben nach Deutschland gekommen sind, nur ein Baustein. Sie gilt es – primär sprachlich – zu fördern, um sie schnell fit für den hiesigen Arbeitsmarkt zu machen. Allerdings finden sich unter den Flüchtlingen nur wenige Hochqualifizierte. Aber genau um diese international begehrte Gruppe von Beschäftigten muss sich eine hoch entwickelte Industrienation wie Deutschland eben auch bemühen – und zwar möglichst noch in jungen Jahren. Deshalb ist es wichtig, dass deutsche Universitäten für ausländische Studenten attraktiver als heute werden. Und um die Sprachbarrieren abzubauen, sollte es hierzulande – gerade in international tätigen Firmen – endlich zur Regel werden, dass man Englisch in den Büros und auf den Fluren spricht.

Zudem müssen bei einfacheren Tätigkeiten die Unternehmen auch bereit sein, Bewerbern höhere Löhne als bisher zu zahlen. Denn dass immer mehr Hamburger, wegen der hohen Mieten, von ihrem Vollzeit-Einkommen allein nicht leben können, sondern Zuschüsse vom Staat benötigen – auch das ist eine traurige Wahrheit hinter den Rekordzahlen am Arbeitsmarkt.