Kulturereignisse wie Elbphilharmonie und „Theater der Welt“ prägen die Stadt.

Das Bild von Hamburg als „Tor zur Welt“ mag arg strapaziert sein. Den Blick nach außen bestimmten lange Zeit vor allem kaufmännische Interessen. Wer jedoch von außerhalb auf die Stadt zurückschaute, sah sie nicht immer zwingend als Zentrum der Weltoffenheit – ein Label, mit dem die Hamburger sich selbst so gern schmeicheln.

In diesem Jahr jedoch ist manches anders, und das hat vor allem zwei Ursachen. Den in Hamburg stattfindenden G20-Gipfel, dem in politisch hochgradig sensiblen Zeiten besonders viel Aufmerksamkeit zuteil wird. Und, für die Stadt womöglich nachhaltiger, die erstaunliche Verwandlung der Hansestadt zur Kulturmetropole.

Elbphilharmonie, Rolling Stones, Festival „Theater der Welt“

Dass die Rolling Stones ausgerechnet hier ihre Europatournee beginnen, ist kein hübscher Zufall. Hamburg hat Momentum.

Die Elbphilharmonie, die in gleich zwei künstlerischen Disziplinen – Architektur und Musik – berauscht, leistet dazu fraglos Entscheidendes. Sie mobilisiert und fasziniert. Sie kann nicht nur international mithalten, sie setzt Maßstäbe. Und bevor im Juli dem großen Polittheater eine Bühne gegeben wird, ermöglicht zunächst ein ganz anderer Gipfel die internationale Vernetzung, setzt Impulse und ist Seismograf der herrschenden Verhältnisse.

Das Festival „Theater der Welt“ – einst in Hamburg als „Theater der Nationen“ erfunden, seither alle zwei bis drei Jahre in einer anderen Stadt zu Gast – ruft Künstler aus allen Kontinenten zusammen. Die Stadt, die sich gegen Olympia ausgesprochen und damit auch auf die Bereicherung verzichtet hat, Gastgeber zahlreicher Sportler aus aller Welt zu sein, bekommt nun ein kleines Olympia der darstellenden Künste. 45 internationale Produktionen werden in Hamburg zu Gast sein, aus allen Ecken der Welt, aus nahezu allen Sparten. Tänzer und Schauspieler, Performer und Musiker, Gruppen und Kulturinstitutionen zeigen die Vielfalt künstlerischer Handschriften. Und ermöglichen einen Dialog, der weit über die Kunst hinausgeht.

Als das Festival 2014 entwickelt wurde, gab es noch keinen Präsidenten Trump, keinen Brexit, kein „Wir schaffen das“. Die Welt hat sich rasant verändert, umso mehr braucht es Plattformen der Verständigung und des Austausches. Wenn sie gleichzeitig der Unterhaltung dienen – umso besser.

Ein Festival wie „Theater der Welt“ eröffnet in vielerlei Hinsicht neue Perspektiven. Unterschiedlichste Themen und Darstellungsformen werden, konzentriert in 18 Tagen, in ein Spannungsverhältnis gesetzt. Man nimmt sie anders wahr – was im Übrigen auch für die Orte gilt, in denen sie gezeigt werden: In Hamburg sind das neben dem Thalia Theater und Kamp­nagel auch das Oberhafenquartier und ein ehemaliger Kakaospeicher am Baakenhafen. Diese Orte als Spielstätten neu zu entdecken ist einerseits grundsätzlich spannend – und andererseits ein klares Statement. Viele Hamburger dürften gar nicht genau wissen, wo sich eigentlich das Afrika-Terminal befindet und welche nicht immer rühmliche Geschichte der Kaufmannsstadt sich an diesem Ort eben auch erzählen lässt.

Hamburg profitiert von alldem gleich mehrfach. Nach außen, indem die Stadt sich in den unterschiedlichsten Spielarten – Elbphilharmonie, Festival, Stones – international auf der kulturellen Landkarte verortet. Und nach innen, indem sie den Hamburgern selbst neue Wege aufzeigt und unbekannte Sichtachsen freilegt. Hamburg ist nicht nur Tor zur Welt. Hamburg ist Teil der Welt.