Ministerpräsident ist bereit zum Rückzug. Das hilft seiner Partei – und ist respektabel

Nur selten hat ein Wahlergebnis in Schleswig-Holstein die Politik derart überrascht. Nicht einmal die Christdemokraten selbst hatten damit gerechnet, am Ende rund fünf Prozent vor den regierenden Sozialdemokraten zu liegen. Und die SPD ist immer noch sprachlos angesichts der Verluste von drei Prozent gegenüber der Landtagswahl von 2012, angesichts der Verluste gerade in den Hochburgen der Sozialdemokraten, in den großen Städten Lübeck und Kiel.

Es ist eine dieser Niederlagen, aus der geradezu blitzartig die Frage nach der Schuld und nach dem Schuldigen erwächst. Viele Medien wurden rasch fündig, und selbst die SPD-Parteizentrale in Berlin war offenbar der Ansicht, dass der Ministerpräsident Torsten Albig nun gefälligst seinen Kopf hinzuhalten habe.

Das ist ein doch recht mitleidloser Umgang. Ja, das Interview in der „Bunten“ wird der SPD kaum Stimmen gebracht haben. Aber der missglückte Versuch, mit einem kontrollierten Blick aufs Privatleben Sympathien zu gewinnen, kann allein kaum erklären, warum die Sozialdemokraten in den letzten drei Wochen vor der Wahl derart an Zustimmung verloren haben.

Vielleicht war die ganze Wahlkampagne falsch angelegt. Vielleicht hätte sich Albig öfter seinem Konkurrenten Daniel Günther stellen müssen. Vielleicht hat die SPD auch einfach die Energie unterschätzt, mit der sich Günther in den Wahlkampf warf.

Torsten Albig hat, gemeinsam mit seiner Partei, eine Wahl verloren. Das kommt vor. Er bleibt erst einmal Ministerpräsident, denn die Verfassung sieht das so vor. Das ist in Ordnung. Er hilft den Sozialdemokraten mit seiner Bereitschaft zum Rückzug, falls dies eine Koalitionsbildung befördern sollte. Das ist respektabel.