Er muss Kontakt haben zu den Spielern, zu den Kiebitzen beim Training, den Fans im Stadion. Daraus saugt er seine Energie.

Zwei Spiele noch, dann ist die Saison vorbei. Doch der Fußball wäre nicht der Fußball, würde nicht die neue Saison schon ihre Schatten vorauswerfen. Auch beim FC St. Pauli – gerade erst ist der Klassenerhalt geschafft, da schießen schon die Spekulationen über die Zukunft von Trainer Ewald Lienen ins Kraut. Schließlich wird am Millerntor wieder ein Sportchefposten frei, wenn das Interregnum von Geschäftsführer Andreas Rettig in diesem Amt endet.

Lienen also Sportchef, und Olaf Janßen übernimmt als Chefcoach?

Gemach. Ewald Lienen ist Trainer. Lienen will auf dem Platz stehen, er ist emotional, undiplomatisch. Er muss Kontakt haben zu den Spielern, zu den Kiebitzen beim Training, den Fans im Stadion. Daraus saugt er seine Energie. Er war aber klug genug, Janßen erheblichen Einfluss zu überlassen. Der macht einen Klassejob, will aber offenbar gar nicht in der ersten Reihe stehen. Es ist ein Erfolgsmodell – und es gibt keinen Grund, das zu ändern.

Lienen ist kein Schreibtischtäter. Man kann ihn sich nicht vorstellen in andauernden Verhandlungen mit Beratern im feinen Zwirn, bluffend um Klauseln und Optionen. Immer ein Handy am Ohr. Er ist kein Sportchef. Rettig ist einer. Und wie man hört, war der kaufmännische Geschäftsführer nie besonders glücklich, Ex-Sportchef Thomas Meggle das letzte Wort bei sportlichen Entscheidungen zu überlassen. Zumal Kaderplanung und finanzielle Entscheidungen gar nicht zu trennen sind. Rettig wird seine jetzige Machtfülle (oder Verantwortung) nicht mehr abgeben.