Streit zwischen Feuerwehr und anderen Trägern gefährdet Patienten in Hamburg.

Eigentlich ist da keine Millisekunde Zeit für Eitelkeiten. Plötzlich ist ein Mensch in Not. Braucht Hilfe. Schnell. Binnen Minuten, wenn er überleben soll. So geschieht es in jedem Jahr 200.000-fach in unserer Stadt. Die Stadt darf sich nicht mit weniger als der bestmöglichen Rettung zufriedengeben. Gerade deshalb muss der eskalierende Streit zwischen der Feuerwehr und anderen Rettungsdiensten die Politik alarmieren.

Hilfsorganisationen wie der Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) werfen der Feuerwehr einen Machtmissbrauch vor – die städtischen Retter rissen angeblich Aufträge an sich, ignorierten die besser postierten Rettungswagen anderer Anbieter.

Der Autor ist Redakteur der Lokalredaktion des Abendblatts
Der Autor ist Redakteur der Lokalredaktion des Abendblatts © HA | Klaus Bodig

An der Härte der Vorwürfe lässt sich ablesen, welche Millionenbeträge bei der Verteilung der lukrativen Aufträge auf dem Spiel stehen. Wer die Hamburger Feuerwehr zum profitgierigen Möchtegern-Monopolisten erklärt, verkennt aber ihre Leistung: Disponenten, Sanitäter und Notärzte stemmen jährlich eine wachsende Last von Notfällen mit großer Professionalität im Sinne der Patienten. Gleichwohl legt die Kritik eklatante Mängel im System offen.

Dazu gehört etwa, dass Hamburg im Gegensatz zu anderen Großstädten über keine zentrale Leitstelle für alle Rettungswagen verfügt. Das geltende Gesetz sieht zwar eine Einbindung der übrigen Organisationen durch die Feuerwehr vor, ist aber in seinen Maßgaben schwammig. Der finanzielle Druck – und auch Befindlichkeiten auf beiden Seiten – lassen das Patientenwohl zuweilen aus dem Blick geraten. Die dünne Personaldecke bei der Feuerwehr ist leidvoll bekannt.

Dass die Retter im Ergebnis bei mehr als 50.000 Einsätzen im Jahr später als vorgesehen am Einsatzort eintreffen, kann für den Senat nicht tragbar sein. Dass wie zuletzt gleichzeitig mehrere Sanitäter – die einen von der Feuerwehr, die anderen vom ASB – am Einsatzort minutenlang streiten, wer einen Atemnot-Patienten versorgen darf, ist für Hamburg ein unwürdiges Schauerstück.

Die überfällige Aufgabe lautet, eine bessere Struktur in das System zu bringen. Das kann auch eine Abkehr von dem bisherigen Grundprinzip bedeuten, die Rettungspläne streng nach Regionen auszurichten – und stärker auf flexible Lösungen zu setzen, nach denen der nächste Rettungswagen per Satellitenortung ausfindig gemacht und zum Patienten beordert wird.

Sicher muss die Stadt den Spagat meistern, die Hilfsorganisationen im Rettungsdienst einzubinden, aber die Qualität zu erhalten. Die Feuerwehr sorgt sich zu Recht vor einer Flut von privaten Anbietern, die nach einem Weg in den Markt suchen. Hamburg hat beim Verkauf der städtischen Krankenhäuser erlebt, dass eine Privatisierung alleine nicht alle Probleme löst.

Es liegt an der Politik, das Gerangel der Rettungsdienste mit einem neuen Gesetz zu unterbinden. Seit mehreren Jahren trägt der Senat dieses Vorhaben vor sich her, nun gibt es erst zum zweiten Mal einen groben Entwurf dazu. Bislang haben sich weder die Hamburger Gesundheits- noch die Innenbehörde sichtbar als Vermittler zwischen Feuerwehr und Hilfsorganisationen hervorgetan.

Es passt zu diesem Konflikt, dass alle Beteiligten eigentlich dasselbe wollen: klare Zuständigkeiten unter Führung der Feuerwehr, bessere Koordination, Qualitätsstandards. Auch der Gesetzgeber hat keine Zeit zu verlieren, um das Patientenwohl zu sichern.