Hamburgs Schüler ohne Zuwanderungshintergrund im Bundesvergleich ganz vorn
Vom bloßen Gerücht hat sich dieser eine Satz bei vielen Hamburger Eltern schulpflichtiger Kinder über die Jahre längst zur unumstößlichen Gewissheit gemausert: In Bayern lernen die Schüler mehr als in Hamburg. Belege in Form von Schülerleistungsstudien gab es ja schließlich reichlich – hießen sie nun Pisa, Timss oder Iglu. Die Bayern lagen ziemlich weit vorn und die Hamburger ziemlich weit hinten.
Immerhin: Schon bei der IQB-Länderstudie für die Fächer Deutsch und Englisch aus dem Jahr 2016 hatten die Hamburger gut aufgeholt und einen fünften Platz in der Gesamtwertung belegt. Doch nun kehren sich die Verhältnisse mit einem Mal um. Eine aktuelle Detailauswertung dieser Studie zeigt, dass die Hamburger Neuntklässler ohne Zuwanderungshintergrund bundesweit sogar auf Platz eins liegen, vor ihren bayerischen Altersgenossen – im Lese- und Hörverständnis des Deutschen und Englischen. Nur bei der Orthografie hapert es nach wie vor. Dennoch: Jedenfalls für die Schüler mit Deutsch als Muttersprache und ihre Eltern ist das eine sehr erfreuliche Nachricht, die mit mancher sicher geglaubten Einschätzung aufräumt.
Die Kehrseite liegt auf der Hand: Der in Hamburg mit mehr als 42 Prozent sehr hohe Anteil von Schülern, bei denen ein Elternteil oder sogar beide nicht in Deutschland geboren wurden, zieht das Gesamtergebnis nach unten. Hinter mehr oder weniger vorgehaltener Hand haben Lehrer und auch mancher Politiker schon immer behauptet, dass die Stadtstaaten bei Bildungsrankings schlechter abschneiden, weil sie eine problematischere Schülerschaft als die Flächenländer haben.
Manchem galt das als Ausflucht. Jetzt ist die Differenz erstmals schwarz auf weiß belegt, und es ist wichtig, mit den Ergebnissen verantwortungsvoll umzugehen. Wir haben uns angewöhnt, Schule und auch Schulpolitik mit der Elle der Vergleichsstudien zu messen. Das muss auch jetzt gelten, selbst wenn die wissenschaftlich ermittelte Realität unbequem sein mag.
Denn eines ist klar: Diese Studie darf nicht zum Anlass genommen werden, Ressentiments zu schüren. Einerseits sind die positiven Ergebnisse ein Beleg für die Leistungsfähigkeit der Hamburger Schulen sowie eine Bestätigung und Ermutigung für die Lehrer. Andererseits erwächst aus den Resultaten die Verantwortung von Pädagogen und Schulpolitikern, sich noch intensiver der Schüler mit Zuwanderungshintergrund anzunehmen. Wobei es in erster Linie um die Jungen und Mädchen gehen muss, deren beide Eltern im Ausland geboren wurden. Vielfach wird in diesen Familien zu Hause nicht oder nicht durchgängig Deutsch gesprochen – ein gravierender Nachteil für den schulischen Erfolg.
Festzuhalten bleibt: Es hat sich offensichtlich positiv und leistungsfördernd für den größeren Teil der Schülerschaft ausgewirkt, dass in Hamburg der lähmende Streit über die Schulstruktur der Vergangenheit angehört, die Schulen sich auf ihre Kernaufgabe konzentrieren können und die Klassen kleiner geworden sind. Doch die Aufgaben bleiben immens, gerade angesichts der in großer Zahl zugewanderten Flüchtlingskinder. Ziel muss es sein, dass alle Kinder bei Schuleintritt die deutsche Sprache beherrschen. Die Schulen in sozialen Brennpunkten – in der Regel mit hohem Migrationsanteil – müssen noch gezielter gefördert werden. Übrigens: Die IQB-Länderstudie 2018 gilt dem Angstfach Mathematik – da werden die Bäume in Hamburg nicht in den Himmel wachsen.
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