Sie bewegt sich doch: Ob Science Center oder Hammerbrooklyn – in der Stadt weht Aufbruchgeist

Vielleicht war das Jahr 2008 die Zeit, in der man viele Hoffnungen für Hamburg in den Wind schreiben musste. Damals wich der Aufbruchgeist einem neuen Stillstand, den bis dahin gültigen Slogan der „Wachsenden Stadt“ beerdigte der neue schwarz-grüne Senat und ersetzte ihn durch einen neuen, an den sich heute niemand erinnert: „Wachsen mit Weitsicht“. Er hätte auch „Abwarten und Tee trinken“ oder „Erst mal gucken, dann mal sehen“ lauten können.

Damals begrub der Senat das Projekt eines Science Centers. Diese kleinmütige Politik war dem Zeitgeist geschuldet: Die Finanzkrise hatte den Liberalismus entzaubert und die Handelnden tief verunsichert. Die HSH Nordbank geriet in Schieflage, die HafenCity hatte plötzlich ein Investorenproblem – und mit der Elbphilharmonie schien jede Leuchtturmpolitik gescheitert. Hamburg, von Helmut Schmidt schon Anfang der 60er-Jahre als „schlafende Schöne“ verspottet, schloss erneut die Augen.

Inzwischen ist Hamburg wieder aufgewacht – und ausgerechnet die so lange umstrittene Elbphilharmonie hat die Hansestadt wachgeküsst. Sie führt den begeisterten Menschen vor Augen, was möglich ist, wenn Träume verwirklicht werden. Die Stadt wirkt plötzlich größer, großzügiger und faszinierender als zuvor und wird weltweit wahrgenommen. Die Elbphilharmonie war eine Wette auf die Zukunft – und bisher scheint diese Wette aufzugehen. Zweifellos hat sie Kreativität und Wagemut in der Stadt neu entfacht.

So viel Zukunft war selten. Gleich mehrere Projekte werden plötzlich diskutiert – angestoßen von Privatleuten, Investoren oder Wissenschaftlern. Es geht wieder um die Gestaltung der Zukunft und nicht nur um die Verwaltung der Gegenwart, eine fast verschüttete Fortschrittsfreude macht sich breit. Das Projekt des grünen Bunkers auf St. Pauli etwa verbindet Bedürfnisse im Stadtteil wie einen Park und eine Sporthalle mit spektakulärer Architektur. Der Koloss an der Feldstraße könnte sich in einen Garten verwandeln.

An den Elbbrücken wird nun sehr ernsthaft über das Hochhausprojekt Elbtower nachgedacht, ein Symbol, dass die Stadt nicht nur wachsen, sondern über sich hinauswachsen möchte.

Das Projekt Hammerbrooklyn wiederum, eine digitale Denkfabrik, bringt Wirtschaft und Wissenschaft zusammen und soll neue Ideen kreieren, neue Modelle, die Stadt und Wirtschaft voranbringen können. Man kann über disruptive Technologie klagen. Noch besser aber ist, sie zu erfinden.

Auch eine alte und bereits scheintote Idee erlebt dieser Tage ihre Wiederauferstehung – ein modernes Wissenschaftsmuseum, ein Science Center. In einer solchen Einrichtung könnte die Stadt ihren Anspruch, Wissenschaftsmetropole zu sein, in die Wirklichkeit umsetzen. Und sie könnte einen Zukunftsort schaffen, der junge Menschen für Technik, Wissenschaft und Innovation begeistert.

Allein die Fülle dieser neuen Ideen zeigt, wie sehr Hamburg in Bewegung geraten ist. Dabei sollte die Elbphilharmonie eine Lehre sein, dass die bloße Begeisterung noch kein Fundament für nachhaltige Politik ist. Die Elbphilharmonie lehrt aber auch, dass sich Wagnisse am Ende lohnen. Viele der derzeit diskutierten Ideen sind private Initiativen – sie kosten eher wenig und wünschen sich zunächst einmal nur, nicht behindert zu werden. Andere Pläne wie ein Science Center wird es nicht zum Nulltarif geben, sondern bedürfen des Mutes zu Investitionen. Aber kalkulieren sollte man die Chancen allemal. Nur so gewinnt man Zukunft.