Die Idee ist charmant, aber teuer. In Kleingärten schlummert aber noch größeres Potenzial.
Hamburg wächst. Das ist seit einigen Jahren bekannt, also keine Überraschung. Insofern unterscheidet sich die Stadt nicht von anderen Metropolen in der Welt. Allerdings steht Hamburg vor dem Problem, dass Politiker zwar gern von dem Erfolg der gleichnamigen Metropolregion sprechen, beim Bau von Wohnungen aber jedes Bundesland sein eigenes Süppchen kocht.
Für Hamburg bedeutet das: Nachdem in den vergangenen Jahren Innenstadtviertel verdichtet wurden, was sie hergaben, müssen jetzt neue Orte gefunden werden, an denen die Errichtung von Wohnungen möglich ist. Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt (SPD) hat dabei die Randgebiete mit deren weiträumigen Grünflächen im Blick und bekommt dafür Beifall von Immobilienentwicklern.
Nun werden die Fraktionen von SPD und Grünen in die Bürgerschaft einen Vorschlag einbringen, wonach bestehende U-Bahn-Gleise überbaut werden könnten. Konkret geht es dabei um die U 3 zwischen der Feldstraße und der Sternschanze und um zwei Abschnitte der U 2 unweit von Hagenbecks Tierpark.
Die Überbauung bestehender Verkehrstrassen im Sinne von Stadtentwicklung ist keine wirklich neue Idee. Derzeit werden an der Autobahn 7 in Schnelsen und Stellingen zwei Lärmschutztunnel gebaut; ein dritter ist in Altona vorgesehen. Durch die Bauwerke wird es möglich, auf Grundstücken entlang der Autobahn Wohnungen zu errichten. Die Tunneldecken selbst sollen zu Parks werden.
Das Ganze ist ausgesprochen teuer. Bei den Autobahntunneln „hilft“, dass der Bund als Eigner einen großen Teil der Kosten übernimmt. Das wäre bei der Überbauung der Bahngleise wohl nicht so. Wenn dort – wie üblich – auch Sozialwohnungen entstehen sollen, muss die Stadt, wie Oberbaudirektor Jörn Walter zutreffend bemerkt, tief in die eigene Tasche greifen.
Problematisch scheint, dass über Gleisen im Gegensatz zu den Autobahntrassen wenig Platz für den Bau von Wohnungen vorhanden ist und die Trassen weit weniger tief liegen als eine Straße. Hinzu kommt, dass, zumindest bei der U 3, die Bebauung nah an die Gleise heranreicht – Probleme sind so programmiert.
Trotzdem handelt es sich um eine charmante Idee. Man wird aber, je länger man darüber nachdenkt, den Verdacht nicht los, dass vor allem der SPD-Stadtentwicklungsexperte Dirk Kienscherf mit diesem Vorschlag davon ablenken will, dass seine Partei sich seit Jahren darum drückt, bei der Suche nach Flächen für den Wohnungsbau ernsthaft die Kleingärten in den Fokus zu nehmen. Das sieht nach Klientelwirtschaft aus, da Kleingärtner in der SPD einflussreich sind.
Dass auf Kleingartenflächen ein großes Potenzial schlummert, erkennt der, der sich westlich der U-Bahn-Station Hagenbecks Tierpark umschaut. Der Kleingartenverein 329 Wasserturm e. V. beansprucht eine große Fläche, die bestens für den Bau von Tausenden Wohnungen geeignet wäre: vorzüglich an den Nahverkehr angeschlossen und an das beliebte Eimsbüttel grenzend.
Die Frage ist auch, warum nicht häufiger geprüft wird, Sportanlagen in Gebiete umzusiedeln, die aufgrund ihrer Nähe zu Verkehrsachsen oder Gewerbegebieten nicht zum Wohnen, aber für den Sport geeignet sind. Auf den dann frei werdenden Flächen wäre Wohnungsbau möglich. Es bedarf sicher kluger Ideen, um in Hamburg Flächen für den Wohnungsbau zu finden. Manchmal liegt das Gute so nah.