Bei der Traditionswerft fallen 300 Jobs weg. Das hätte verhindert werden können

Und der nächste schwere Schlag für den maritimen Standort Hamburg: Auf der Traditionswerft Blohm + Voss soll fast jede dritte Stelle wegfallen. Sogar betriebsbedingte Kündigungen sind nicht ausgeschlossen – eine Katastrophe für viele Beschäftigte und ihre Familien, aber eben auch ein weiterer Warnschuss für Deutschlands wichtigste Hafenstadt. Erst vor wenigen Monaten hat der Mischkonzern Oetker bekanntgegeben, seine Reederei Hamburg Süd an den dänischen Branchenprimus Maersk verkaufen zu wollen. Kurz darauf legte das Bundesverwaltungsgericht weitere Steine in den Weg zur dringend benötigten Elbvertiefung – und nun also der Kahlschlag bei Blohm + Voss.

Zumindest der gestern angekündigte massive Stellenabbau auf der 1877 gegründeten Werft hätte verhindert werden können. Doch eine Mischung aus Egoismen, Eitelkeiten und Missmanagement hat Blohm + Voss in diese missliche Lage manövriert. Denn bereits im Jahr 2011 wollte der heutige Eigentümer, die Lürssen-Werft in Bremen, den Hamburger Schiffbauer übernehmen. Doch statt sich in der damals wirtschaftlich noch halbwegs stabilen Phase mit den Bremern zu einem norddeutschen Werftenverbund zusammenzuschließen, wetterte das ehemalige Blohm+Voss-Management gegen den Bremer Interessenten. Ein Grund für die Ablehnung war sicherlich auch die Angst der Werftenchefs, die eigenen Jobs zu verlieren.

Die Stimmungsmache gegen Lürssen übertrug sich sogar auf den damaligen Betriebsrat, der die norddeutsche Lösung ebenfalls ablehnte. Stattdessen verkaufte der damalige Besitzer, Thyssen Krupp, Blohm + Voss an einen britischen Finanzinvestor. Dieser besaß zwar viel Geld, aber keinerlei Expertise im Schiffbau. Zudem traten die Briten mit dem klaren Ziel an, die Hamburger Werft nach wenigen Jahren wieder mit Gewinn veräußern zu wollen. Die Konsequenzen für Blohm + Voss waren – wie sich nun zeigt – verheerend. Wichtige Investitionen fanden nicht statt, die Werft dümpelte mit zu wenigen Aufträgen vor sich hin, notwendige strukturelle Veränderungen wurden hinausgezögert.

Vor wenigen Monaten verkauften die Briten die Werft wieder – wie bereits 2011 angekündigt. Diesmal kam Lürssen zum Zug, aber was die Bremer vorfanden, war ein Zustand, den selbst die IG Metall heute als „museal“ bezeichnet. Blohm + Voss muss komplett neu aufgestellt werden.

Die Träume des früheren Managements, irgendwann mal wieder eine neue Yacht zu bauen, werden endgültig begraben. Stattdessen will Lürssen den Hamburger Standort ausschließlich zum Bau von Marineschiffen und für die Reparatur von Yachten nutzen. Das Positive: Lürssen will die dafür notwendigen Investitionen endlich vornehmen. Das Negative: Mit Blick auf die fehlende Wirtschaftlichkeit wird die Neuausrichtung der Werft nicht ohne den Abbau von Personal stattfinden können.

Vermutlich hätte Lürssen auch schon 2011 – wäre man als Käufer ausgewählt worden – Stellen gestrichen. Schließlich fallen bei nahezu jeder Übernahme Jobs weg, vor allem in der Verwaltung. Aber der nun angekündigte Kahlschlag wäre sicherlich nicht notwendig gewesen. Für die Beschäftigten von Blohm + Voss bleibt zu hoffen, dass Lürssen die Werft wieder fit für die Zukunft macht. Und der maritime Standort Hamburg? Ihm kann man nur endlich mal wieder eine positive Nachricht wünschen.