Hass-Parolen aus Hamburger Ditib-Umfeld erfordern deutliche Worte des Senats
Hamburg sieht sich ja gern als eine sehr liberale, tolerante Stadt. Die Meinungs- und Kunstfreiheit wird hier vielleicht noch etwas lässiger ausgelegt als in anderen Teilen der Republik. Was jedoch in den vergangenen Tagen, in Wahrheit ja schon seit Monaten, aus dem Umfeld der Ditib, jener islamischen Religionsgemeinschaft, mit der die Stadt Hamburg einen Staatsvertrag abgeschlossen hat, an Äußerungen publik wurde, dürfte auch den liberalsten Hamburgern die Haare zu Berge stehen lassen.
„Demokratie ist für uns nicht bindend“, schreibt der Vorsitzende einer Wilhelmsburger Ditib-Moschee bei Facebook: „Uns bindet Allahs Buch, der Koran.“ Türken und Kurden, die „nicht islamisch leben, denen spucke er auf das Gesicht“. Ein junger Mann aus der Ditib-Jugend lässt nach einer Pilgerfahrt nach Mekka alle Hemmungen fallen und fleht den türkischen Präsidenten Erdogan in einem Video an: „Mein Führer, gib uns den Befehl, und wir zerschlagen Deutschland.“ Und was sagt der Moscheechef aus Wilhelmsburg dazu: Er sei halt „ein bisschen emotional“, der Jugendliche auch.
Ein bisschen emotional? Wenn irgendwer hierzulande auf solche Hassparolen auch nur einen Hauch emotional reagieren würde, dürften sich die Absender eigentlich nur noch zwischen Gefängnis und Ausweisung entscheiden, und Ditib würde verboten. Man stelle sich den umgekehrten Fall vor: Mitglieder des Verbands deutscher Rentner in Antalya bezeichnen das Christentum als einzig tolerierbare Religion, wollen auf alle Nicht-Christen spucken und flehen Angela Merkel an, ihnen den Befehl zur Zerschlagung der Türkei zu geben. Absurd und undenkbar. Ihre einzige Hoffnung wäre wohl, dass Erdogan die Todesstrafe bis dahin noch nicht eingeführt hat.
Vor allem möchte man hier wie dort fragen: Was wollt ihr dann eigentlich in diesem Land? Es ist ja in Ordnung, eine Gesellschaft kritisch zu sehen, ihre Werte und Rechtsordnung abzulehnen und sein ganzes Leben einzig einer Religion unterzuordnen – jeder, wie er mag. Aber bitte nur dort, wo diese Haltung toleriert wird und im Einklang mit den Gesetzen steht.
Bei uns ist das nicht der Fall. So sehr das Thema die Emotionen berührt, so nüchtern sollte man dennoch analysieren, wie wir damit umzugehen haben. Ob die Forderungen der CDU, den Staatsvertrag mit Ditib auszusetzen, und der AfD, die ihn sogar kündigen möchte, zielführend sind, darf bezweifelt werden.
Denn erstens ist gerade dieser Vertrag ein Hebel, diesen schwierigen Partner an die vereinbarten Spielregeln zu erinnern. Zweitens dürfte der Dialog nach einer Kündigung des Vertrags erst mal zum Erliegen kommen. Und das Ende von Dialog ist noch nie eine Lösung gewesen, aber oft der Anfang von Schlimmerem. An so einer Eskalation kann niemandem liegen.
Am Rande: Als CDU auf Erdogan als engen Partner bei der Bekämpfung der Flüchtlingskrise zu setzen, aber den Vertrag mit seinem verlängerten Arm in Deutschland infrage zu stellen, passt nicht recht zusammen.
Dass Ditib zwei Tage lang zu allem nur schweigt, dass am Sonntag eine nationalistische Theatertruppe nach Hamburg kommt, um auf martialisch-mittelalterliche Art Wahlkampf für Erdogan zu machen, dass der Senat nur lapidar auf die Kunstfreiheit verweist, das ist alles verstörend. Aber es ändert nichts daran, dass sich solche Konflikte nur im Dialog ausräumen lassen. Das schließt ja deutliche Worte nicht aus.