Ob bei Demonstranten, Fußballfans oder Migranten – oft sind „die Bullen“ Feindbild. Die Folgen sind fatal.

Bei Kindern ist das Bild noch ungetrübt. Für sie steht der Beruf des Polizisten für das Gute, Wachtmeister gilt gar als Wunschberuf. Mit etwas mehr Lebenserfahrung und nach der einen oder anderen Grenzverletzung in den Flegeljahren zerbricht das Ideal. Mit noch mehr Reflexion beginnt der Erwachsene zu ahnen, dass es ohne eine vernünftige Polizei nicht geht. Unter den Beamten gibt es wie beim Rest der Bevölkerung Idioten, aber unter dem Strich macht ein Großteil nicht nur einen guten Job, sondern einen exzellenten: Sie sollen Kindern Verkehrsregeln beibringen und Fußballspiele sichern, sie sollen Einbrecher jagen und uns in Zeiten des Terrors vor durchgeknallten Islamisten schützen – kurzum: die demokratische Gesellschaft am Laufen halten.

Warum sind Polizisten für viele nicht mehr Vor-, sondern Feindbild? Fangen wir bei den Fußballfans an: Es ist nicht unbedingt vergnügungssteuerpflichtig, trunkene Fans zum Spiel zu begleiten oder sie in Bahnhöfen oder Stadionnähe an zivilisatorische Grundregeln zu erinnern. Wenn aber Flaschen und Scheiben, Brillen oder Handgelenke zu Bruch gehen, steht der Schuldige stets fest: die Polizei. Sie hat angefangen, provoziert, mit übertriebener Härte zugepackt. Die Gesellschaft reagiert auf die Polizei und ihre Grenzziehungen oft wie ein verzogenes Kind – unfähig, die eigene Verantwortung zu hinterfragen, aber versiert in Schuldzuweisungen: Als HSV-Fans im Januar in Hannover erst einen Zug zerlegten, dann Bengalos zündeten und Polizisten mit Flaschen bewarfen, drehte sich wenige Stunden nach diesen Ereignissen die Debatte – da stand die Polizei am Pranger, weil sie auch friedliche Fans in Gewahrsam genommen hatte.

Man kennt diese Gruppendynamik auch von Demonstrationen: Wenn der Schwarze Block oder sonstige erlebnisorientierte Krawallbrüder einen Demozug in einen Aufmarsch verwandeln und eskalieren, solidarisieren sich auch vernünftige Menschen gegen die Polizei. Ihr wird vorgeworfen, provoziert zu haben. Und gewalttätig gewesen zu sein. Die Diskussion, wer angefangen hat, bewegt sich oft auf dem Niveau einer Schulhofprügelei. Die Gewaltfrage hingegen ist überflüssig: Das Gewaltmonopol liegt beim Staat. Ja, Polizisten müssen gewaltbereit sein; dürfen aber nicht nach Gewalt lüstern.

Genau hier scheinen in einer zunehmend pazifistischen Gesellschaft einige Maßstäbe zu verrutschen: Da gilt schon ein Knüppel oder Helm, ja, die bloße Anwesenheit, als Zeichen von Polizeigewalt. Bis ins bürgerliche Lager grassiert das Misstrauen gegen Beamte; ein Teil gründet auf echten Polizeiskandalen, der vermutlich größere Teil auf albernen Skandalisierungen. Der Polizei traut man stets alles Böse zu, ihre „Opfer“ hingegen sind friedfertig und gut. Besonders perfekt beherrscht die Linkspartei diese Rolle. Als ein Polizist – offenbar in Notwehr – nun einen Afrikaner in St. Georg niederschoss, sprach der Linken-Politiker Martin Dolzer in der „taz“ von einem „rassistisch motivierten Hinrichtungsversuch“. Das klingt nicht nur gemein, es ist gemeingefährlich. Solche Verdächtigungen gießen Öl ins Feuer in einer Zeit, in der die Lage zwischen Einheimischen und einigen Zuwanderern ohnehin angespannt ist.

Die bei Linken meist nur gefühlte Polizeigewalt trifft bei Zuwanderern auf erlebte Polizeigewalt – in vielen Herkunftsstaaten haben sie Verfolgung, Willkür und Gewalt durch „Sicherheitskräfte“ erlitten. Die Feindschaft mancher „Flüchtlingsaktivisten“ zur Polizei kann sich so übertragen. Statt den Beamten ständig „racial profiling“ vorzuwerfen, sollte man sich auch mit den Ursachen befassen, warum einzelne Gruppen, etwa bei Drogendelikten, immer wieder auffallen. Wer der anderen Seite ständig Rassismus vorwirft, sollte sein eigenes Schwarz-Weiß-Denken hinterfragen. Und wer zu Recht jeden Generalverdacht gegen Minderheiten anprangert, darf diesen nicht gegen jeden Polizeibeamten hegen.

Vielmehr gilt: Ein Grundmaß an Vertrauen ist die Grundvoraussetzung für eine funktionierende Gesellschaft.