Voreilig mit HSV-Trainer Gisdol und Fanliebling Papadopoulos zu verlängern, wäre falsch – zumindest jetzt.

Im Erfolgsfall werden die größten Fehler gemacht. Sagt man. Und liest man. Zum Beispiel im Managerbuch „Mein größter Fehler“, in dem Unternehmer über ihre größten Niederlagen und Enttäuschungen philosophieren.

Um beim HSV die Probe aufs Exempel zu machen, braucht man zunächst einmal: einen Erfolgsfall. Und an dieser Stelle wird die Sache kompliziert. Denn Erfolge hat es in den vergangenen Jahren im Volkspark nicht viele gegeben. Fehler dafür umso mehr. Doch Fußball ist ja ein schnelllebiges Geschäft. Und so brauchte der HSV nur eine Woche, damit all die Fehler der Vergangenheit für den Moment vergessen werden konnten. 1:0 gegen Bayer, 2:0 gegen Köln, 3:0 in Leipzig – eine Erfolgswoche.

Der Erfolgsfall ist also da. Nun gilt es nur noch, diese verflixten Fehler zu vermeiden, vor denen allenthalben als Folge immer gewarnt wird. Nur welche könnten da gemeint sein?

Ein möglicher Fehler Nummer eins: Die sofortige (und wohl nicht ganz billige) Vertragsverlängerung mit Trainer Markus Gisdol, dem Vater des gegenwärtigen Erfolgs. Fehlerfalle Nummer zwei: Die schnelle (und wohl sogar sehr teure) Verpflichtung des bislang nur ausgeliehenen Publikumslieblings Kyriakos Papadopoulos. Und ein möglicher Fehler Nummer drei: Die übereilte (und ebenfalls nicht kostenlose) Verlängerung der wiedererstarkten Profis wie René Adler und Matthias Ostrzolek, deren Verträge im Sommer auslaufen.

Damit keine Missverständnisse aufkommen: Gisdol hat bisher einen herausragenden Job gemacht. Papadopoulos könnte eine der besten Neuverpflichtungen werden. Und Profis wie Adler und Ostrzolek, die manch einer längst abgeschrieben hatte, zeigen sehr eindrucksvoll, wie wichtig sie für diese Mannschaft sein können. Und trotzdem wäre es falsch, ihnen ausgerechnet jetzt, nach drei Siegen in Folge, einen neuen, gut dotierten Vertrag vorzulegen.

Ein kurzer Blick in die jüngere Vergangenheit könnte bei der Begründung der wohl nicht sehr populären Meinung helfen. 2014 war es etwa der von Hertha BSC ausgeliehene Pierre-Michel Lasogga, der den HSV mit zwölf Saisontoren vor dem Abstieg bewahrt hatte und den der HSV im Erfolgsfall der geglückten Relegation fest verpflichten wollte. Koste es, was es wolle. Und am Ende erhielten alle Parteien, was sie wollten: Der verletzungsanfällige Lasogga einen rekordverdächtigen Fünfjahresvertrag. Hertha eine völlig absurde Ablöse in Höhe von 8,5 Millionen Euro. Und der HSV? Nun ja, der bekam: Lasogga.

Drei Jahre später dürften Neu-Clubchef Heribert Bruchhagen, ein Geizhals aus Überzeugung, wenn es um die Clubfinanzen geht, und Neu-Sportchef Jens Todt aus den Fehlern ihrer Vorgänger gelernt haben. Denn selbstverständlich wäre es wünschenswert, dass Gisdol, Papadopoulos, Adler und Ostrzolek auch in der kommenden Saison viele Erfolgsfälle in Hamburg produzieren. Ob das denn auch wahrscheinlich wäre, ist eine lästige, aber berechtigte Frage.

Die wichtigste Zukunftsentscheidung ist und bleibt die Besetzung des ab Sommer vakanten Trainerpostens. Und natürlich hat Gisdol bestmögliche Argumente geliefert, dass man ganz unhamburgisch auch beim HSV langfristig mit dem Erfolgstrainer plant. Doch darüber sollten sich der Coach und die Clubführung in Ruhe – und vor allem unabhängig von den Geschehnissen zweier oder dreier Spieltage – unterhalten.

Und was die Spieler betrifft: Viel zu selten hat das Preis-Leistungs-Verhältnis beim HSV gepasst. Natürlich wäre es erfreulich, wenn man Identifikations­figur Papadopoulos langfristig binden kann. Allerdings nur für einen angemessenen Preis, bei dem berücksichtigt wird, dass der Geist des Griechen zwar immer stark ist, das Fleisch aber bisweilen schwach. Gibt es hier keine Konsenslösung mit Leverkusen, muss man Papadopoulos als „Projektspieler für den Klassenerhalt“ verstehen, den man (schweren Herzens) weiterziehen lässt.

Es wäre eine harte, schwer vermittelbare und trotzdem richtige Entscheidung. Es wäre ein echter Erfolgsfall.