Der ehemalige Hamburger CDU-Finanzsenator und spätere HSH-Aufsichtsratsvorsitzende Wolfgang Peiner wehrt sich gegen einseitige Schuldzuweisungen.
Das Hamburger Abendblatt ist der Auffassung, dass die Hamburger CDU mit der HSH Nordbank Hamburg das schlimmste Finanzdebakel aller Zeiten hinterlassen habe (Ausgabe 23. Januar 2017). Dieser Auffassung muss ich entschieden widersprechen.
Um die Entwicklung der Bank zu verstehen, müssen wir uns vor Augen führen, dass die Gründung der Bank ein Gemeinschaftswerk von Hamburg und Schleswig-Holstein war, einvernehmlich von CDU und SPD. Auch für die Privatisierung der Bank und für die Abwicklung der Altrisiken tragen beide Parteien gemeinsam eine Verantwortung, auch wenn diese Erkenntnis für manchen schmerzhaft ist.
Die Bank ist Opfer vieler Fehlentscheidungen ihrer Vorstände – und auch ihrer Organe. Sie ist zugleich ein Opfer der weltweiten Finanz-und Schifffahrtskrisen, die alle Banken mit voller Wucht getroffen haben. Die negativen Auswirkungen auf den Schifffahrtsstandort Hamburg sind täglich in den Medien nachzulesen.
Die früheren Vorstände der Bank können sich bei kritischer Analyse der Lage nicht wegducken, sie haben durch ihre jeweiligen Fehlentscheidungen viele Probleme der Bank verursacht und dadurch die Folgen der weltweiten Krise der Schifffahrts- und Finanzmärkte verschärft. Wegducken können sich auch nicht die Vertreter der Gesellschafter und die Mitglieder des Aufsichtsrats. Wir haben die Schwäche und Schwächen des Vorstands zu spät erkannt. Ich habe mich dazu bekannt, Heide Simonis ebenfalls.
Nun zu den historischen Fakten: Das Geschäftsmodell „Sichere Rendite aus dem Kreditersatzgeschäft“ und „Schwerpunkt Schifffahrtskredite im Kreditgeschäft“ entstand Ende der 90er-Jahre bei den beiden Landesbanken als Vorläufer-Institute. Damals entstand auch das große Auslandsnetz der Banken. Es regierte in beiden Bundesländern die SPD. Bei der Fusion und Gründung der HSH Nordbank im Jahr 2003 waren viele der erst später entdeckten Risiken bereits im Bestand der Bank. Das trifft vor allem zu für risikobehaftete Wertpapiere und Schifffahrtskredite, hier vor allem für die „Panamax-Klasse“, die heute das große Problem darstellen. Damals – im Jahr 2003 – waren die Länder stolz darauf, im maritimen Sektor bei der Schiffsfinanzierung durch die Kapitalanlagegesellschaften, Schifffahrtsbanken und vielen Dienstleistungsgesellschaften ein Cluster zu besitzen, in dem Hamburg weltweit eine führende Rolle spielt.
Dies war die Ausgangslage für das Ziel, die HSH Nordbank zu schaffen und sie für private Investoren zu öffnen. Hamburg und Schleswig-Holstein wurden europaweit für diesen Schritt gelobt, von der Politik wie von der Wirtschaft. Alle Beschlüsse zur Gründung der Bank wurden gemeinsam von Hamburg und Schleswig-Holstein, von der CDU und von der SPD in beiden Landesparlamenten getroffen. Ein Beirat, der aus den finanzpolitischen Sprechern aller in den Landesparlamenten vertretenen Parteien bestand, begleitete die Bank und wurde vom Vorstand umfassend über die jeweilige Geschäftsentwicklung informiert. Ende 2006 trat mit J.C. Flowers ein international anerkannter privater Investor in den Kreis der Gesellschafter ein – die Bank wurde zu diesem Zeitpunkt mit fünf Milliarden Euro bewertet. Der Beitritt von Flowers und sein Eintritt in den Aufsichtsrat wurde international als positives Zeichen für die Entwicklung der Bankenlandschaft in Deutschland gewertet. Nur zur Erinnerung: Ende 2006 trat ich als Finanzsenator zurück. Kritik an der Strategie der Bank, der Entwicklung ihres Geschäftsvolumens und ihrer Pläne zur Privatisierung ist in meiner Amtszeit als Finanzsenator von keiner Seite geäußert worden. Ich wurde zum 1.1.2007 auf Wunsch aller Gesellschafter Vorsitzender des Aufsichtsrats der Bank. Erst ich als Aufsichtsratsvorsitzender habe im Frühjahr 2008 eine Wende in der Expansionsstrategie verlangt und durchgesetzt – gegen den Widerstand des Vorstands.
Die Gründung der Bank als ein Gemeinschaftswerk von CDU und SPD war im Jahr 2003 eine richtige Entscheidung der Länder, um den zwei Landesbanken eine Zukunftsperspektive für die Zeit nach dem Auslaufen der Gewährträgerhaftung zu geben.
Die Wirtschaft in Hamburg und Schleswig-Holstein hat von der Tätigkeit der Bank und ihrer Vorgänger-Institute viele Jahre stark profitiert. Unternehmen aus der und um die Schifffahrt haben Anfang dieses Jahrhunderts Hamburg mit zur Boom-Stadt gemacht.
Die HSH Nordbank wurde von der Lehman-Pleite wie alle Banken schwer getroffen. Plötzlich zeigten sich Risiken, die bis dahin weder vom Vorstand noch von den Wirtschaftsprüfern und der Bank-Aufsicht erkannt worden waren.
Das Rettungspaket für die Bank aus dem Jahr 2009 wurde in Hamburg und in Schleswig-Holstein von CDU und SPD gemeinsam getragen. Das führte dazu, dass die Bank stabilisiert werden konnte. Sie musste aber laufend hohe Gebühren an die Länder für das Rettungspaket leisten, bis heute insgesamt drei Milliarden Euro. Kosten, durch die die Bank überfordert wurde. Die Absenkung der Garantien und ihre nachfolgende Wiedererhöhung durch den SPD-Senat und die Landesregierung in Schleswig-Holstein führte zu Auflagen der EU, die den Verkauf der Bank heute unter unnötigen Zeitdruck setzen.
Die Folgen der schwersten Finanzkrise seit fast 100 Jahren sind heute weitgehend überwunden. Auch das Portfolio der HSH Nordbank hat sich erholt, allerdings sind die Verluste aus einigen Wertpapieranlagen des Vorstands wie die Subprime-Loans endgültig.
Heute zeigen sich vor allem die Folgen der weltweiten Schifffahrtskrise. Die damit verbundenen Wertverluste wurden anfangs unterschätzt. Noch einmal: Dies betrifft vor allem das Portfolio der „Altkredite“ mit dem Schwerpunkt „Panamax-Schiffe“, die zum großen Teil Anfang des letzten Jahrzehnts vergeben wurden. Im Jahr 2011 hatten der Vorstand der Bank, der SPD-Senat in Hamburg und die CDU-geführte Landesregierung in Schleswig-Holstein gehofft, dass die Zeit die Wunden heilt und eine Wert-Aufhellung erfolgt. Die Länder sind dem Wunsch des Vorstands zur Absenkung der Garantien für die Bank gefolgt. Das war ein Fehler in der Markteinschätzung, wie wir heute wissen.
Aus heutiger Sicht wäre es klüger gewesen, im Jahr 2011 einen Schnitt zu machen und Schiffskredit-Pakete zu verkaufen. Das Abwarten führte und führt zu Werteinbußen. Diese Fehleinschätzung mache ich keinem zum Vorwurf, aber sie lag und liegt nicht in der Verantwortung der Hamburger CDU.