Hamburgs Polizeistatistik weist gleich mehrere Probleme aus

Es ist gelernte Tradition, dass die Polizeiliche Kriminalstatistik stets eine Sternstunde für Interpretationen ist. Lauscht man nacheinander den Ausführungen von Innensenator und Opposition, bekommt man zwei sich widersprechende Lesarten. Anders als bei einer Gedichtinterpretation im Deutsch-Leistungskurs aber lassen sich die unterschiedlichen Sichtweisen schnell erklären. Jeder sucht sich die Teilstatistik, die genehm ist. Völlig zu Recht verweist Innensenator Andy Grote (SPD) auf positive Daten – die Zahl der Einbrüche, Raubdelikte und Taschendiebstähle sinkt; die Aufklärungsquote steigt. Die Union hingegen beklagt den massiven Anstieg bei Sexualstraftaten und den Zuwachs bei Drogendelikten. Und hat auch recht. „Stolz wie Bolle“ muss man nicht sein.

Insgesamt lässt sich ein Resümee ziehen – die Kriminalitätslage entspannt sich leicht, aber auf hohem Niveau. Diese Schlussfolgerung deckt sich nur weder mit der gefühlten Sicherheitslage vieler Bundesbürger noch mit der Wahrnehmung vieler Menschen infolge spektakulärer Verbrechen auch in Hamburg. Wenn ein 16-Jähriger an der Alster ohne erkennbares Motiv ermordet wird, wenn ein 18-Jähriger grundlos auf dem Nachhauseweg niedergestochen wird oder mehrere Vergewaltigungen die Stadt erschüttern, vermag eine Statistik kaum Trost zu spenden.

Auch das ist Teil der Wahrheit: Ein größerer Teil besonders spektakulärer Verbrechen wurde offenbar von Zugewanderten begangen. Es mag daran liegen, dass viele Menschen inzwischen hypersensibilisiert sind, doch in Fahndungsaufrufen taucht das Wort „südländisch“ überdurchschnittlich oft auf. Dies darf vor dem Hintergrund der emotionalen Flüchtlingsdebatte kein Tabu sein. So ist es richtig, dass die Polizei erstmals gesondert Tatverdächtige mit Flüchtlingsstatus erfasst. Diese Zahlen fallen bedenklicher aus, als Schönredner weismachen, aber nicht so schlimm, wie rechte Rattenfänger behaupten. Flüchtlinge sind bei fast allen Delikten überdurchschnittlich vertreten – das hat viel mit ihrem Geschlecht, ihrem sozialen Status, ihrer Bildung und ihrem Alter zu tun.

Junge Männer ohne Perspektiven sind auch bei den Deutschen deutlich auffälliger. Und die große Mehrheit der Flüchtlinge wird eben nicht straffällig. Gerade in ihrem Interesse muss die Minderheit der Zuwanderer, die in ihrem Gastland prügeln, betrügen, rauben oder vergewaltigen, die Härte des Rechtsstaats treffen. Und sie müssen, wenn es die Gesetze ermöglichen, abgeschoben werden. Ausländische Verbrecher, denen man hierzulande mit übermäßiger Milde begegnet, sind die besten Wahlhelfer der Rechten.

Vor diesem Hintergrund klingt die Debatte etwa über Abschiebungen nach Afghanistan schräg. Der rot-grüne Senat liegt richtig, wenn er weiterhin Straftäter auch an den Hindukusch abschiebt; und die Dänen-Ampel in Schleswig-Holstein irrt gewaltig, Abschiebungen dorthin öffentlichkeitswirksam auszusetzen. Die Union um Angela Merkel mag zwar die Grenzen geöffnet haben, sie ist aber klug genug, mit Blick auf die Wahlen umzuschwenken. Der jüngste 16-Punkte-Plan der Kanzlerin, wonach Abschiebungen vereinfacht und beschleunigt werden sollen, geht in diese Richtung.

Die großzügige Aufnahme der Flüchtlinge und eine gelingende Inte­gration erfordern es, im Interesse der großen Mehrheit die kriminelle Minderheit mit allen Möglichkeiten des Rechtsstaats zu bekämpfen.