Neuer Kultursenator wird Carsten Brosda – nur das lange Zögern ist ärgerlich

Das hätte man früher haben können. Carsten Brosda, noch Staatsrat der Kulturbehörde und also mit dem Amt und seinen Aufgaben bestens vertraut, wird Kultursenator. Das war erwartbar – und kommt zu diesem Zeitpunkt trotzdem überraschend. Brosda hatte die im Oktober gestorbene Kultursenatorin Barbara Kisseler bereits während ihrer langen Abwesenheit vorbildlich vertreten, er genießt einen guten Ruf in der Kulturszene, man vertraut ihm, schätzt ihn auch menschlich und hat ihn als einen kompetenten Ansprechpartner erlebt. Carsten Brosda ist eloquent und empathisch – wer Olaf Scholz’ einfühlsame Rede auf Barbara Kisselers Trauerfeier gehört hat, der hat auch den Redenschreiber Brosda kennengelernt. Der loyale Carsten Brosda war mehr als „nur“ ein Staatsrat, er hat sich als eindeutig senato­rabel erwiesen – offensichtlich auch in den Augen des Ersten Bürgermeisters.

Nun hat Olaf Scholz zwar inhaltlich eine tadellose Entscheidung getroffen – alles spricht dafür, dass Carsten Brosda seine Sache weiterhin so gut machen wird wie in den letzten Monaten. Mit dem zeitlichen Ablauf jedoch, dem langen Hinauszögern dieser Verkündung hat Scholz weder dem neuen Amtsinhaber noch dem Amt an sich einen Dienst erwiesen.

Natürlich musste nach Barbara Kisselers Tod die Trauerfeier abgewartet werden. Das versteht sich von selbst. Dass dann auch die Eröffnung der Elbphilharmonie zwar mit Staatsrat Brosda, aber ohne Senator über die Bühne ging, befeuerte dann schon die Fantasien: Brauchte man etwa gar keinen Senator, gar keine Senatorin? Es lief schließlich auch so geräuschlos bis allerbestens. Und der Bürgermeister musste im entscheidenden Moment das Rampenlicht nicht teilen.

Dass allerdings auch nach dem großen Festakt mehr als zwei Wochen verstreichen konnten, in denen alle möglichen Kandidatinnen ventiliert wurden, lässt es nun so aussehen, als habe Scholz auf eine Art Last-minute-Lösung zurückgreifen müssen. Carsten Brosda, weil keine Frau zur Hand war – beziehungsweise jene, die man hätte haben wollen, nicht zusagte(n)? Das wird weder der Position noch der guten Arbeit des bisherigen Staatsrates gerecht, diese Lesart hat er nicht verdient – aber sein Dienstherr hat sie (womöglich abgelenkt durch sozialdemokratische Kandidatenküren an anderer Stelle) in Kauf genommen. Politik hat immer auch etwas mit Symbolik zu tun.

Abgesehen davon, dass die Lösung nun eine pragmatische ist (was rein gar nichts an der Qualität ändert), wird sie zu Recht ausgesprochen zufrieden aufgenommen. Zahlreiche Persönlichkeiten des Kulturbetriebs hatten beim Bürgermeister auf eben dieses Ergebnis hingewirkt. Der Ausgang lässt Wertschätzung erkennen: Sie werden gehört, sie werden ernst genommen.

Und es spricht schließlich für die Person Carsten Brosda, dass nun jemand Kultursenator wird, der nicht nur seine Eignung bereits bewiesen hat. Sondern der auch gegen zwei selbst auferlegte Regeln des als prinzipientreu geltenden Scholz verstößt: niemals einen Staatsrat zum Senator zu machen, auf jeden Fall eine Frau zu bevorzugen. Carsten Brosda, der (drittens) auch auf einem weiteren, mittelfristig vakant werdenden Senatorenposten denkbar gewesen wäre, wird also trotzdem Kultursenator. Weil am Ende nämlich die wichtigste Regel lautet: Der Bestmögliche soll es machen. Er sei „ganz zuversichtlich, dass es gut werden wird“, sagt er selbst. Mit dieser Einschätzung ist er nicht allein.