Handelskammer-Präses hält eine ironische und kluge Jahresschlussansprache
In diesem Punkt sollte man den Kammerrebellen dankbar sein: Dank der hartnäckigen Versuche und Klagen, dem Handelskammerpräses das politische Wort zu verbieten, war diese Jahresschlussansprache ironischer, listiger und pointierter als viele zuvor. Gab es in der Vergangenheit häufig naseweise Ratschläge vom Adolphsplatz an den US-Präsidenten, Frankreichs Premier oder das chinesische Zentralkomitee, konzentrierte sich Präses Fritz Horst Melsheimer in diesem Jahr auf Hamburg. Er nutzte den großen Auftritt für eine Leistungspräsentation der Kammer: Er sprach von Initiativen zur Flüchtlingsintegration, für Existenzgründer oder das „Kompetenzzentrum Mittelstand 4.0“. Dem Präses ging es offensichtlich darum, die Vielfalt der Kammerarbeit und ihren Nutzen für die Hansestadt in den Fokus zu rücken und die Interessenvertretung der Wirtschaft nicht auf das Zerrbild eines konservativen Meinungsmachers zu reduzieren.
Hinter dem allergrößten Teil der Kommentierung der Weltlage durch Melsheimer können Kammerrebellen und Traditionalisten einen Haken machen – sie dürften die Sorgen über die Folgen des Brexits und der Wahl Trumps ebenso teilen wie die Forderung eines Zukunftskonzepts für den Hafen oder ein besseres Standortmarketing. Der eine oder die andere mag sich zu Recht an den kritischen Anmerkungen zur Fahrradpolitik stören – aber wer ernsthaft die Redefreiheit des Präses beschneiden will, muss zunächst eine Frage beantworten: Geht es den Kritikern wirklich nur um einzelne inhaltliche Aussagen? Oder doch eher um die Schwächung der Kammer insgesamt?
Man kann Melsheimers Rede als Plädoyer für eine starke, mutige und aktive Kammer verstehen. Ob die Unternehmer der Stadt ihm folgen, wird sich bei der Kammerwahl zeigen.
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