Es ist Zeit, dass Hamburg beweist, dass es wirklich eine Sportstadt ist.

Ob es tatsächlich 314.468 Menschen in Hamburg gibt, die sich an diesem Dienstag mit Grausen ein Jahr zurückerinnern, ist nicht zu ergründen. Exakt diese Anzahl stimmberechtigter Hamburger hatte am 29. November 2015 auf die Frage, ob sich die Stadt um die Ausrichtung Olympischer Sommerspiele 2024 bewerben solle, ihr Kreuz bei „Ja“ gemacht. Weil das bekanntlich nur 48,4 Prozent der abgegebenen Stimmen entsprach, kassierte Hamburg seine ambitionierten Pläne. Der Traum der Initiatoren, Olympische Sommerspiele erstmals seit München 1972 wieder nach Deutschland zu holen, war vorbei.

Ein Jahr ist seitdem also vergangen, und die Zahl derer, die den Chancen einer Ausrichtung des größten Sportereignisses der Welt nachtrauern, scheint nicht mehr allzu hoch zu sein. Das liegt zum einen an den weiter drückenden Problemen, die schon die Bewerbungsphase überlagerten. Zum anderen aber auch an der Weigerung des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), den Vertrauensverlust der Sportfans in die Institution Olympia wirkungsvoll zu bekämpfen. Dem sich in horrenden Kosten manifestierenden Gigantismus, unter dem Rio de Janeiro als Gastgeber der Sommerspiele im August ebenso ächzt wie Tokio als Ausrichter 2020, tritt das IOC weiterhin so halbherzig entgegen, wie es den weltweiten Kampf gegen Doping forciert.

Verantwortliche betonen Vielfalt des Sportkalenders

Dass Sportsenator Andy Grote (SPD) sagt, die Stadt brauche Olympia nicht, um sich erfolgreich im Sport zu positionieren, mag deshalb verständlich sein. Richtig ist es dennoch nicht, und das muss gesagt werden, wenn man den Blick nach vorn richtet, um zu analysieren, wie es um Hamburgs Sport heute bestellt ist.

Zu Recht betonen die Verantwortlichen die Vielfalt des Sportkalenders, der Topveranstaltungen bietet wie den weltweit beliebtesten Triathlon, die national traditionsreichsten Events im Tennis und Pferdesport, international beachtete Rad- und Marathonrennen und seit diesem Jahr auch eins der größten Beachvolleyballturniere. Drei Weltmeisterschaften – Triathlon, Amateurboxen, Frauenhandball – finden 2017 in Hamburg statt, und bei mehr als 100 Erst- und Zweitligateams dürfte kein Sportbegeisterter über Langeweile klagen. Das meiste davon hatte Hamburg allerdings schon vor der Olympiakampagne zu bieten.

Masterplan "Active City" als Grundlage

Zur Bilanz gehört deshalb auch, dass die Lage im publikumswirksamen Profisport düster ist. Im Handball, Basketball, Eishockey oder Volleyball sucht man Hamburgs Farben in den Topligen vergeblich, im Fußball droht dieser Zustand in einem halben Jahr ebenfalls erreicht zu sein. Wirtschaft und Politik seien deshalb daran erinnert, dass es Vorbilder im Leistungsbereich braucht, um Menschen an den Sport heranzuführen. Der Masterplan „Active City“, der den Masterplan „Olympia“ abgelöst hat und die breite Masse der Hamburger in Bewegung bringen soll, ist eine gute Grundlage. Getragen wird er aber von Idolen, zu denen man aufschauen kann.

Dass es lohnt, diese zielgerichtet zu unterstützen, zeigte sich in Rio, wo Hamburger Athleten erfolgreicher waren als je zuvor. Umso trauriger, dass bis heute nicht geklärt ist, wie die Förderung für den kommenden Olympiazyklus aussehen wird. Das aber sind die Fragen, die eine Stadt beantworten muss, die als internationale Sportme­tropole gelten will. Hamburg braucht Olympia nicht als Gastgeber; wohl aber den olympischen Geist, Leistung zu belohnen und sich stetig verbessern zu wollen, um nicht stehen zu bleiben.