Die „Reichsbürger“ unter Beobachtung zu stellen ist ein wichtiges Signal

Ein offensichtlicher Fall für den Verfassungsschutz ist Udo W. nicht gerade. Der 67-Jährige lebt in Neu Wulmstorf, er hat schräge Ansichten, die Bundesrepublik ist für ihn nur eine „GmbH“. Es liegt nahe, Menschen wie ihn zunächst als Spinner abzutun. Was ist schon die Gefahr durch „Reichsbürger“, wenn der islamistische Terror die Nachrichten und Sorgen beherrscht. Zum Glück folgt der Hamburger Verfassungsschutz diesem Trugschluss nicht.

Indem die Stadt die „Reichsbürger“ unter Beobachtung stellt, beweist Hamburg Umsicht. Noch sind es erst rund 50 Menschen, die sich da als Verfechter des Deutschen Reiches organisieren. Noch gibt es keine Hinweise auf Gewalttaten der Gruppe in der Stadt, nur auf seltsame Praktiken, etwa das Erstellen eigener Pässe und Geldscheine. Aber die Gefahr durch die „Reichsbürger“ ist klar zu sehen: in den rassistischen Kommentaren an Stammtischen und in sozialen Netzwerken, in denen die Übergänge zwischen Wutbürgern und Neonazis verwischen. Die Flüchtlingskrise hat weit schlimmere Gruppen als die AfD gestärkt – diesem Befund muss der Staat zwingend Rechnung tragen.

Mit den „Reichsbürgern“ nimmt der Verfassungsschutz die dritte rechte Gruppe seit 2014 neu ins Visier. Und setzt damit nach dem Terror des NSU-Trios und den Übergriffen von Bautzen ein Zeichen, dass der Staat auch auf dem rechten Auge wachsam bleibt. Der entschiedene Einsatz der Polizei gegen den Neu Wulmstorfer Udo W., der illegal Waffen in seinem Haus lagerte, kommt zur rechten Zeit. Der Weg von Verschwörungstheorien zu einer echten Gefahr erscheint gefährlich kurz. Genau wie bei Islamisten muss der Staat einen Einblick in die Gedankenwelt dieser Menschen bekommen, bevor aus Spinnern möglicherweise Täter werden.