Der Edeka-Tengelmann-Deal ist gescheitert. Alles andere wäre falsch gewesen.

Hätte sich Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel doch bloß nicht eingemischt in den geplanten und nun hoffentlich gescheiterten Übernahmeversuch der Supermarktkette Kaiser’s Tengelmann durch den Hamburger Konkurrenten Edeka. Doch der SPD-Politiker konnte es nicht lassen, musste aus reinem Machtkalkül die bereits vom Bundeskartellamt verbotene Übernahme nachträglich per Ministererlaubnis genehmigen. Gabriel, der Arbeitsplatz-Retter: So wollte er in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden. Der Mann, der 16.000 Jobs bei der hochdefizitären Handelskette Kaiser’s Tengelmann sichert – durch sein überraschendes Veto. Was für eine Selbstüberschätzung! Was für eine politische Inszenierung!

Wer versucht, den gescheiterten Supermarktketten-Deal zu bewerten, der sollte sich mit den ökonomischen Fakten auseinandersetzen. Und diese sind eindeutig. Schon heute ist Edeka der mit Abstand größte Lebensmitteleinzelhändler des Landes. Zusammen mit ihrer Discounttochter Netto erwirtschafteten die Hamburger im vergangenen Jahr einen Umsatz von bundesweit mehr als 48 Milliarden Euro. Erst mit weitem Abstand auf Platz zwei folgt die Rewe-Gruppe mit 28,6 Milliarden Euro. Diese Zahlen zeigen mehr als deutlich, über welche Marktmacht Edeka schon heute verfügt. Für die meisten Kunden sind die Folgen dieser Dominanz nicht sofort erkennbar. Sie freuen sich zunächst darüber, dass sie an fast jeder Ecke in der Stadt, in der sie wohnen, eine Edeka- oder Netto-Filiale finden. Dass allzu mächtige Handelskonzerne aber einseitig Verkaufspreise festlegen und Einkaufsbedingungen für Lieferanten bestimmen können, das erkennen die Kunden meist erst dann, wenn es zu spät ist. Schon heute ist der deutsche Lebensmitteleinzelhandel ein Markt mit einer äußerst begrenzten Konkurrenz, die Übernahme von Kaiser’s Tengelmann durch die Nummer eins hätte diesen Prozess weiter beschleunigt.

Das politisch unabhängige Bundeskartellamt hat die Folgen der geplanten Übernahme in einem sehr beachtenswerten, mehr als 300 Seiten starken Bericht detailliert aufgeführt. Die Wettbewerbshüter haben keine Mühen gescheut und sich sogar die möglichen Auswirkungen auf Städte und einzelne Stadtteile bundesweit angeschaut. Und mehrfach steht im Bericht zu lesen: Durch die Übernahme würde „effektiver Wettbewerb erheblich behindert“ – und zwar in Berlin, Nordrhein-Westfalen und Bayern. Gabriel hat sich für diese Fakten nicht interessiert, stattdessen argumentierte er stets mit dem drohenden Verlust von Arbeitsplätzen.

Aber ist der Wirtschaftsminister ernsthaft davon ausgegangen, dass Edeka alle Arbeitsplätze bei Kaiser’s Tengelmann erhalten wird? Wie naiv kann man sein!? Allein in diesem Jahr rechnet die Supermarktkette aus dem Ruhrgebiet mit 90 Millionen Euro Verlust: Ein „weiter so“ hätte es folglich gar nicht geben können. Ein Stellen­abbau – auch unter dem Dach von Edeka – wäre unausweichlich gewesen. Egal, was in irgendwelchen Absichtserklärungen gestanden hätte.

Kaiser’s Tengelmann wird nun wohl zerschlagen, die Filialen sollen „einzeln verwertet“ werden, wie es im kalten Betriebswirtschafts-Deutsch heißt. Jetzt wird das bessere Angebot darüber entscheiden, wer den Zuschlag für welchen Standort bekommt – und nicht der Bundeswirtschaftsminister. Der Markt bestimmt, welche Filialen überleben und welche geschlossen werden müssen. Jede andere Lösung wäre ökonomisch ein Fehler.