Die Daten der Polizei sind weder ein Grund zur Panik noch einer für das Ausblenden der Problematik – bedenklich sind sie allemal.
Mit Zahlen lässt sich gut Politik machen – deshalb ist bei allen Kurven und Tortendiagrammen die Churchillsche Skepsis angebracht: Er soll nur den Statistiken geglaubt haben, die er selbst gefälscht hatte. Wer sich ein wenig mit Mathematik beschäftigt hat, kann jede Zahlenreihe nach Neigung interpretieren. Vielleicht hat die Polizei Hamburg ihre Untersuchung zur „Kriminalität von Flüchtlingen im ersten Halbjahr 2016“ deshalb mit dem Hinweis „nur für den Dienstgebrauch“ versehen.
Kaum ein Thema ist in diesen hysterischen Zeiten politisch so sensibel und missbrauchsanfällig wie dieses. Die einen verdrängen jede Kriminalität von Zuwanderern, andere dramatisieren sie als Waffe im Wahlkampf. Während die einen die ungeheuerlichen Übergriffe von Köln und Hamburg zunächst verschwiegen haben und dann kleinreden wollten, agitieren die anderen bei jedem Kapitaldelikt gegen Ausländer. Wenn die Polizei noch unbekannte Täter sucht, wissen sie schon: Es waren Südländer.
Da darf man die Zurückhaltung der Polizei verstehen. Sie muss fürchten, dass Rechtspopulisten daraus passende Horrornachrichten ableiten oder Flüchtlingsaktivisten frohe Botschaften verkünden. Ganz so einfach ist es aber nicht: Die Daten der Polizei sind weder ein Grund zur Panik noch einer für das Ausblenden der Problematik – bedenklich sind sie allemal.
Die Ausländerkriminalität ist in den vergangenen Jahren in Hamburg in besorgniserregendem Maße gestiegen: Die Zahl ausländischer Tatverdächtiger wuchs zwischen 2013 und 2016 (hochgerechnet) um rund 50 Prozent, die Zahl der Verdächtigen unter 21 Jahren sogar um mehr als 60 Prozent. Während die Zahl der Tatverdächtigen von 2014 bis 2015 insgesamt rückläufig war, wurden erheblich mehr nicht deutsche Tatverdächtige gezählt; somit wuchs der Ausländeranteil an den Verdächtigen von 37,1 auf 41,4 Prozent.
Vorsicht mit voreiligen Schlüssen: Nicht jeder Verdächtige wird als Täter verurteilt. Flüchtlinge stellten 2015 unter den Verdächtigen nur 5,4 Prozent. Dieser Anteil sprang zwar im ersten Halbjahr 2016 auf 9,5 Prozent. Im selben Zeitraum aber verdoppelte sich die Anzahl schutzsuchender Menschen. Die Flüchtlingswelle erklärt die Steigerung nicht allein – jede reisende Bande, die Passanten bestiehlt oder in Wohnungen einsteigt, vergrößert die Ausländerkriminalität.
Hamburg als Metropole ist von mobilen Tätern besonders betroffen. Auch sind die bloßen Zahlen kaum geeignet, die Sicherheitslage zu beschreiben: Schwarzfahrer fließen in die Statistik ebenso ein wie Mörder, Räuber oder Vergewaltiger. Unter den Flüchtlingen ist zudem genau die Gruppe überrepräsentiert, die auch bei den Deutschen am ehesten mit dem Gesetz in Konflikt gerät: junge Männer ohne Job und Bildung, die in prekären sozialen Verhältnissen leben.
Integration bleibt die beste Kriminalitäts-Prävention
Trotzdem bieten die Zahlen Anlass für eine nüchterne Debatte. Integration bleibt die beste Prävention; die Menschen rasch in Bildung und Arbeit zu bringen ist die beste Strategie. Zugleich müssen mehrfach straffällige Zuwanderer konsequent abgeschoben werden – das Asylpaket 2 hat die Hürden dafür gesenkt.
Die Politik sollte angesichts der hohen Zahl junger Delinquenten auch über Anpassungen im Jugendstrafrecht nachdenken. Mitunter treffen in Hamburg liberale Richter auf Jugendliche, die einem extrem patriarchalischen Denken verhaftet sind. Rasche, vereinfachte Verfahren etwa nach dem „Neuköllner Modell“ können helfen, diese jungen Menschen zu erziehen.