... ist eine Forderung, die so viel Sinn macht wie das Verbuddeln eines Glückspfennigs. Ein Plädoyer für Bruno Labbadia.

Das wirklich Verwunderliche an dem folgenden Text ist nicht der Inhalt, sondern der Zeitpunkt. Denn immerhin sind bereits zwei Spieltage gespielt. Und dass an dieser Stelle erst jetzt die Frage nach dem Trainer erörtert wird, dürfte einzig und allein der Tatsache geschuldet sein, dass der HSV in der mehr oder eher weniger bedeutungsvollen Tabelle nach zwei Spieltagen auch ohne Sieg noch immer vor Werder Bremen steht. Doch das täuscht nur kurze Zeit darüber hinweg, dass der HSV gerade einmal ein Pünktchen geholt hat. Und Schuld hat natürlich, wie immer, der Trainer.

Dies scheint jedenfalls elbaufwärts, elbabwärts Konsens zu sein. Bruno Labbadia hat falsch aufgestellt, falsch eingestellt und falsch gewechselt. So oder ähnlich sieht es jedenfalls der multimediale Social-Media-Stammtisch der Internetforen. Und der muss es doch schließlich wissen, oder?

Selbstverständlich. Nicht.

Trainerwechsel haben nur selten nachhaltige Effekte

Denn wenn wir an dieser Stelle mal für den Moment die natürlich völlig angebrachte Polemik und Ironie vernachlässigen und ernst werden, dann kann man angesichts der absurd frühen Trainerdiskussion nur mit dem Kopf schütteln. Und für das Dauerschütteln gibt es selbstverständlich triftige Gründe.

Grund Nummer eins: die Wissenschaft. Immer wenn man schlau daherreden will, sollte man die Jokerkarte Wissenschaft spielen. Und in diesem Fall funktioniert der Kartentrick ganz vorzüglich. Denn unzählige Studien haben längst unter Beweis gestellt, dass ein Trainerwechsel nur äußerst selten einen nachhaltigen Effekt hat.

Labbadia hat sämtliche Studien ad absurdum geführt

Grund Nummer zwei: die Ausnahme von der Regel. So war es ausgerechnet Bruno Labbadia, der sämtliche Studien ad absurdum geführt hat, als er den HSV in einer eigentlich ausweglosen Situation vor einem guten Jahr vor dem sicher geglaubten Abstieg bewahrt hat. Mehr noch: Der Feuerwehrmann hat nicht nur den Schwelbrand gelöscht, sondern in der Saison darauf auch noch das einsturzgefährdete HSV-Haus kernsaniert. Zum Ende einer durchwachsenen Spielzeit landete Labbadias Team immerhin auf einem respektablen zehnten Platz. Und die Tabelle lügt ja bekanntlich nie – allerdings auch nicht in der Jahrestabelle 2016, die den HSV als Letzten ausweist.

Grund Nummer drei: Auf die Gefahr hin, sich zu wiederholen, muss nun ein weiteres Mal auf den Zeitpunkt hingewiesen werden. So sind gerade einmal zwei Spiele absolviert, also ein Siebzehntel dieser Saison gespielt. Eine Trainerdiskussion ist oft überflüssig, meistens zu früh, bisweilen ungerecht und in diesem Fall völlig hanebüchen.

Grund Nummer vier: das Prinzip Hoffnung. Nehmen wir einmal für den Moment an, dass Labbadia vielleicht sogar triftige Gründe dafür hat, dass er, der sich wie kein anderer mit seiner Mannschaft beschäftigt, Spieler X für Spieler Y aufstellt. Oder Spieler Z ein wenig mehr Zeit gibt. Ist also ein bisschen Vertrauen in die Führungskraft, die sich wie kein Vorgänger mit Hamburg, dem HSV und seinen Spielern identifiziert, zu viel verlangt?

Wo ist der Über-Trainer für den HSV?

Und schließlich Grund Nummer fünf: der HSV. Welcher Club sollte besser wissen, dass eine Trainerdiskussion oder – schlimmer – eine Trainerentlassung im Normalfall nichts bringt als dieser Club, der in Bestform gerne mal drei Übungsleiter pro Jahr verschleißt.

Grund Nummer sechs sei an dieser Stelle nur noch der Vollständigkeit wegen erwähnt: die Alternativen. Kennen Sie irgendeinen Super-Über-Trainer, der es besser als Labbadia machen würde und derzeit auch noch verfügbar wäre? Kleiner Tipp: Mirko Slomka und Armin Veh zählen nicht, die durften ihr HSV-Glück schon einmal ausreizen.

Und nur, damit wir uns hier nicht missverstehen: Selbstverständlich gibt es im Haifischbecken Bundesliga für niemanden einen Freibrief. Auch Labbadia muss sich sachliche Kritik – und bei ausbleibendem Erfolg auch Diskussionen über seinen Job – gefallen lassen. Nur bitte nicht nach zwei Spielen.

Und für den Fall eines Misserfolgs am Wochenende gegen Leipzig: auch nicht nach drei Spielen.