Wilhelmsburg hat profitiert – und sollte Mahnung sein

    2013 waren sich alle einig. Die damalige Stadtentwicklungssenatorin Jutta Blankau (SPD) stand am Pranger. Die Boulevardmedien nannten die Gartenschau in Wilhelmsburg eine „Pleite“, kritisierte das „jämmerliche Bild“, „Wucherpreise“ und die Verluste von 37 Millionen Euro. Der Bund der Steuerzahler nahm die Gartenschau gleich in sein Schwarzbuch auf. Und Jens Kerstan, heute Blankaus Nachfolger als Umweltsenator, höhnte damals von der Oppositionsbank, die Senatorin habe die Gartenschau „vergeigt“. Nun sollte man die niedrigen Besucherzahlen auch drei Jahre nach der Schau nicht schönreden, aber gegen den Verlust darf man den Gewinn gegenrechnen: Der lange vernachlässigte Stadtteil hat nicht nur einen beeindruckenden Volkspark gewonnen, er ist überhaupt erstmals auf der inneren Landkarte vieler Hamburger aufgetaucht. So haben die Gartenschau (igs) und die Internationale Bauausstellung (IBA) Wilhelmsburg lebendiger gemacht – und wenn auch nicht der Sprung über die Elbe, zumindest ein Sprungbrett gelang.

    Allerdings waren die beiden Projekte auch extrem teuer: Rund eine Milliarde Euro wurde allein für die IBA investiert, ein Drittel kam aus öffentlichen Töpfen. Weil die IBA aber keine Besucherzahlen im Vorfeld angeben musste, hatte sie es stets leichter als ihre Schwester, die Gartenschau. Für sie wurden weitere 154 Millionen Euro fällig. Aber die Investitionen haben einen gescheiterten Stadtteil in ein Szeneviertel verwandelt.

    Wilhelmsburg kann auch eine Lehre für die Stadtentwicklung dieser Tage sein. Bevor in Zukunft erneut mehr als eine Milliarde in eine aufwendige Stadtteilreparatur fließt, sollten die Fehler der Vergangenheit vermieden werden. Die Entwicklung der Elbinsel nach 1962 ist ein Lehrbeispiel, wie man es nicht machen darf: Der Stadtteil wurde lange sich selbst überlassen, Probleme wurden ignoriert, und die Großsiedlungen wandelten sich in soziale Brennpunkte, in denen sich Ausländer, Arme, Arbeitslose ballten.

    Vor dem Hintergrund dieser Geschichte sollte die Wohnungsbauoffensive der Gegenwart mit ihren geplanten Großunterkünften für Flüchtlinge noch einmal kritisch geprüft werden.