Hamburg muss die Arbeit der Vereine und die Begeisterung der Menschen für sich nutzen

Für heute haben große Hamburger Sportvereine zu einem Pressegespräch eingeladen. Das Thema ist die Sportstadt Hamburg nach der gescheiterten Olympiabewerbung, und man braucht nicht viel Fantasie, um sich vorzustellen, wie die Stimmung bei den Führungskräften der Top-Clubs ist.

Denn sie haben natürlich als Erste registriert, dass und wie sich die offizielle Einstellung Hamburgs zum Sport verändert hat. Eben war der noch das Wichtigste und Größte, was Hamburg zu bieten hatte, und für den Millionen Euro gesammelt wurden und zur Verfügung standen. Nichts schien unmöglich in der Stadt, die sich anschickte, Olympiakandidat zu werden.

Dann kam das Nein beim Volksentscheid – und nach dem Bürgermeister, der das Ergebnis sichtlich verstimmt, aber professionell abhakte, gingen auch viele andere schnell zur Tagesordnung über. Mit Olympia verschwand der Sport mehr und mehr aus dem Fokus der Öffentlichkeit, zumal der Olympia-Pleite dann jene der HSV-Handballer folgte.

Inzwischen ist die Stadt im Elbphilharmonie-Fieber, die Kultur scheint den immerwährenden Wettkampf mit dem Sport tatsächlich zu gewinnen. Das neue Konzerthaus, nein, „das neue Wahrzeichen“, soll nun Hamburgs Eintrittskarte in die erste Liga der großen Metropolen werden, nur hier gilt jetzt das olympische Motto: Dabei sein ist alles. Und der Sport? Wird voraussichtlich am heutigen ­Donnerstag seinem Ärger Luft machen. Da passt es ganz gut, dass kurz vorher die Pläne für die „Active City“ bekannt wurden, die zeigen, dass die Bewerbung doch nicht umsonst gewesen sein muss.

Die Vorschläge würden aus Hamburg zwar keine Olympia-, aber eine besondere Sportstadt machen, von der alle etwas hätten – wenn sie sich denn bewegen wollen. Das dürfte die Verantwortlichen der großen Hamburger Vereine versöhnlich stimmen. Trotzdem wäre der Senat gut beraten, es nicht dabei zu belassen. Nicht nur, dass sich der Sport in den vergangenen Jahren daran gewöhnt hat, endlich ernst genommen und an höchster Stelle (Bürgermeister!) gewürdigt zu werden. Er hat es auch jenseits des Spitzen- und Leistungssports verdient.

Wahrscheinlich gibt es keinen anderen Bereich des Hamburger Lebens, der so viel über seine eigentliche Aufgabe hinaus dafür tut, dass die Stadt funktioniert, dass die so unterschiedlichen Menschen fair und friedvoll zusammenfinden. Vom Sport und seinen Vereinen wird seit Jahren wie selbstverständlich ein gewaltiger Beitrag gerade bei den Themen Integration und sozialer Ausgleich erwartet, und in der Regel liefert er auch – in den Monaten der Flüchtlingskrise mehr als je zuvor. Ohne die vielen Ehrenamtlichen in den Clubs, ohne ihre Angebote auf Plätzen, Schulen und anderen Einrichtungen wären die Aufgaben, die auf Hamburg durch Asylbewerber zukommen, um ein Vielfaches größer und schwerer zu bewältigen.

Die Vereine erwarten dafür keinen überschwänglichen Dank, ihre Protagonisten sind normalerweise frei von Eitelkeiten. Es geht ihnen nicht um sich, sondern um die Sache. Trotzdem darf die Stadt, dürfen Politik und Gesellschaft jetzt nicht wieder in Zeiten zurückfallen, in denen die Leistungen des Sports gering geachtet, eventuell sogar belächelt wurden. Er ist für die Zukunft dieser Stadt mindestens so wichtig wie die Kultur, Olympia hin, Elbphilharmonie her.

Man muss die Kraft, die in den Clubs steckt, nur zu nutzen wissen. Und dabei helfen Aufmerksamkeit, vernünftige staatliche Unterstützung sowie ein Sportstättenprogramm, wie es jetzt erarbeitet wurde. Und ein Sportstaatsrat. Aber den gibt es mit Christoph Holstein ja zum Glück ...