Den geplanten Abriss des City-Hofs hält der Ex-Leiter des Denkmalschutzamtes für einen Sündenfall. Heute entscheidet die Bürgerschaft.

In seinem gegenwärtigen Dasein kann man den City-Hof nur als hässlich empfinden, das geht auch mir so. Sein erbärmliches Erscheinungsbild seit den späten 70er-Jahren hat dazu beigetragen, dass er sich lange einer eingehenderen Betrachtung entzog. Aber sein Wert erschöpft sich nicht im Aussehen. Man muss sich schon mit den Umständen und Strömungen seiner Zeit auseinandersetzen.

Immerhin zählte die Stadtentwicklungssenatorin und Kunsthistorikerin Dorothee Stapelfeldt in ihrer Dissertation (1993) den City-Hof zu den „typischen Gebäuden“, die nach 1950 in der Innenstadt entstanden. Der Mühe einer Neubewertung hat sich das Denkmalschutzamt schon vor über 20 Jahren unterzogen. Das dafür verfasste Gutachten stellt den City-Hof nicht auf eine Stufe mit dem Hamburg-Süd-Hochhaus oder den Grindelhochhäusern, sondern zieht diese zum Vergleich heran und hebt die Besonderheit der vier Hochhäuser am Klosterwall hervor: eine Bürohäuser, Einkaufspassage, Großgarage und Tankstelle vereinende Anlage mit beachtlicher städtebaulicher Komponente. Sie steht für die moderne Stadtplanung – so Max Grantz 1957 im Buch „Hamburg baut“ –, die „bestrebt ist, die Baumasse ‚Stadt‘ in eine Abfolge von Räumen aufzulösen … Auf Schritt und Tritt begegnen wir dem Streben nach Staffelung, Auflockerung, Bewegung, plastischer Gruppenbildung.“

Genau dieses Paradigma nachkriegszeitlicher Stadtplanung führt der City-Hof wie kein anderes Objekt in der Innenstadt vor Augen, seitdem die ehemalige Ost-West-Straße sich zur Schlucht entwickelt hat. Um das wahrzunehmen, braucht man nicht, wie Herr Hein an dieser Stelle meinte, 15 Meter über den Gleisanlagen zu schweben, sondern es reicht vom Schreibtisch aus ein Blick in Google Street View vom Klosterwall über den City-Hof auf den nachbarlichen Welterbe-Sprinkenhof. Und der damalige Oberbaudirektor Werner Hebebrand wollte den Bau nicht in dunklem Klinker, sondern in hellem Material als optimistisches Zeichen einer neuen Zeit. Das festzustellen ist keine Glorifizierung des Bruchs gegenüber dem Kontorhausviertel, sondern eine sachliche Bewertung als signifikanter zeitgeschichtlicher und stadtbauhistorischer Aspekt. Ein Backstein-Neubau würde so ein bedeutendes Kapitel der baulichen Nachkriegsgeschichte auslöschen.

Das Bewerbungsverfahren bot die Chance einer nutzungsfunktionalen Neubewertung des City-Hofs. Der aus dem Bestand entwickelte, überwiegend Wohnungen beinhaltende Vorschlag von Volkwin Marg – unter den eingereichten Bewerbungen auf Platz eins (!) – würde den Mangel heilen, der dem City-Hof seit Langem vorgeworfen wird: dass die Passage nicht funktioniert. Diese Öde ist ja eher einer systematischen Vernachlässigung als der Struktur der Anlage geschuldet. Nicht nur das Erscheinungsbild wäre wieder freundlich und der energetische Standard zeitgemäß, sondern die Passage verlöre ihre Tristesse und entwickelte sich zu einer attraktiven Verbindung zwischen City und Hafen-City.

Ich werde den Verdacht nicht los, dass der Senat die Erhaltung des City-Hofes nie wollte. Dass die bestbewer­te­te Bewerbung wegen angeblich formaler Fehler aus dem Verfahren flog, ist ebenso wenig nachvollziehbar wie das Fehlen des Amtsdenkmalpflegers bei der Senatsanhörung. Wirklich beschämend ist die Ignoranz des Senats und seines Oberbaudirektors gegenüber dem Denkmalschutzgesetz und aller fachlicher Expertise. Icomos, Bund Heimat und Umwelt, Deutsche Stiftung Denkmalschutz, Europa Nostra, Architektenkammer, Patriotische Gesellschaft, Bund Deutscher Architekten, Denkmalrat, Freie Akademie der Künste und Denkmalverein Hamburg haben gegen das Verfahren protestiert, die geladenen Experten in der Anhörung am 1. März die Neuausschreibung verlangt. Und in einer Abendblatt-Umfrage im Internet stimmten 57 Prozent für den Erhalt des City-Hofes.

Mindestens ebenso gewichtig, wie es der Verlust des Baudenkmals wäre, ist schon jetzt die Demontage der staatlichen Denkmalpflege, die Desavouierung der amtlichen Konservatoren durch das Verhalten des Senats in diesem Verfahren. Wer interessiert sich noch für die Denkmalpflege, wenn die Stadt ihre Erhaltungspflicht selbst nicht ernst nimmt? Was ist ein Amtseid des Senats wert, wenn Gesetze nicht beachtet, obliegende Pflichten nicht gewissenhaft erfüllt und das Wohl der Freien und Hansestadt nicht gefördert wird? Die Abgeordneten haben es in der Hand, diesen Schaden von der Stadt abzuwenden.